Kein Kriegsvölkerrecht?

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. Oktober 2016 schreibt Marcus Jung unter der Überschrift „Krankheit vorgeschoben“ auf S. 19 unter anderem Folgendes zum Arbeitskonflikt bei TUI fly:

Es ist nicht verwerflich, dass sich Crew-Mitglieder und Piloten um ihre berufliche Existenz sorgen und dies zum Ausdruck bringen. Es ist nachvollziehbar, dass sie dafür den Moment der Herbstferien wählen, um den Druck auf das TUI-fly-Management immens zu erhöhen. Im Krieg und in der Liebe gelten keine Regeln, im Arbeitskampf in Deutschland schon. Mit den ganz offenkundig konzertierten Scheinerkrankungen, deren paralleles Auftreten diese Ahnung nur unterstreicht, droht den Verantwortlichen noch rechtlicher Ärger. Wenn TUI fly dies belegen kann, werden die ersten Schadensersatzklagen und Kündigungen folgen.

friedenstaube

Nun soll mit dem Autor nicht darüber gestritten werden, ob in der Liebe Regeln gelten. Dazu ließe sich ethisch und moralisch das Eine oder Andere sagen.

Auf jeden Fall wären diese Regeln aber mit denen des deutschen Arbeitskampfrechts – glücklicherweise möchte man sagen – nicht zu vergleichen.

Kritisch wird es aber, wenn der juristische Autor sich zu der These versteigt „Im Krieg … gelten keine Regeln“. Das ist – rechtlich betrachtet – nicht so. Dazu sei statt aller auf Matthias Herdegen verwiesen:

Das sog. „Friedensvölkerrecht“ bestimmt, ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen der Einsatz militärischer Gewalt zulässig ist (ius ad bellum). Demgegenüber regelt das Kriegsvölkerrecht die Art und Weise der zulässigen Kriegsführung (ius in bello). Das Kriegsvölkerrecht begrenzt einmal die zulässigen Mittel der Kampfführung und schützt zum anderen bestimmte humanitäre Belange (namentlich der Zivilbevölkerung sowie der Gefangenen und Verwundeten). Für diese Regeln hat sich seit langem der Begriff „humanitäres Völkerrecht“ durchgesetzt.

(Völkerrecht, 15. Aufl. 2016, § 56 Rn. 1)

Also: Im Krieg gelten die Regeln des humanitären Völkerrechts.

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