Kennen Sie Finnischer?

Heute geht es um einen unbekannten juristischen Autor, um einen praktischen Ratschlag zum Zitieren und einen wichtigen juristischen Lerngegenstand, nämlich den Stellvertretungswillen.

Bei Beck-Online lesen wir in einer BGH-Entscheidung vom Autor „Finnischer“. Dieser sei richtigerweise der im Schrifttum vertretenen Ansicht entgegengetreten, dass wirksames Stellvertreter-Handeln einen Stellvertretungswillen voraussetze.

 

Der BGH führt aus:

Auch bei der Frage, ob jemand als Vertreter oder im eigenen Namen handelt, kommt es nämlich nach richtiger Ansicht, wie stets im Rechtsverkehr bei der Auslegung von Willenserklärungen, auf den objektiven Erklärungswert an, darauf also, wie sich, die Erklärung nach Treu und Glauben für den Empfänger darstellt. Zu Unrecht stellt das BerGer. darauf ab, ob W. als Vertreter und nicht im eigenen Namen handeln wollte. Der innere Wille ist nicht maßgebend. Zwar wird die Ansicht des BerGer., es sei für einen Vertragsschluß durch einen Vertreter notwendig, daß dieser als Vertreter handeln wollte, im Schrifttum vertreten (vgl. Staudinger, § 167 Anm. 9 f). Sie ist aber abzulehnen, da sie mit dem allgemeinen Grundsatz, daß es auf den im Rechtsverkehr erklärten Willen ankommt, unvereinbar ist (richtig Finnischer, AcP, Bd. 154, S. 1, 12, 14, 16 f., 19). Daß für das Recht der Stellvertretung etwas anderes gelten sollte, ist nicht einzusehen. Dagegen spricht die Bestimmung des § 164 Abs. 2 BGB; nach ihr treten die Wirkungen der Stellvertretung dann ein, wenn der Wille, in fremdem Namen zu handeln, erkennbar hervortritt; wo das nicht geschieht, muß der Erklärende das Geschäft als in seinem Namen geschlossen gelten lassen, ohne sich darauf berufen zu können, daß er nicht im eigenen Namen habe handeln wollen. Dann aber besteht, wenn umgekehrt der Erklärende nach außen deutlich im fremden Namen auftritt, kein Grund, seinen etwa hiervon abweichenden inneren Willen, für sich selbst zu handeln, als maßgebend zu betrachten.

(BGH, Urteil vom 5.10.1961, VII ZR 207/60, NJW 1961, 2251, 2253, beck-online; Hervorhebung nicht im Original)

Dass es sich bei „Finnischer“ um „Fikentscher“ handelt, erschließt sich, wenn man mit der Fundstelle recherchiert. Wie aber konnte sich „Fikentscher“ (so im Original in der NJW) in „Finnischer“ verwandeln? Allem Anschein nach wurde die NJW von 1961 OCR-erfasst und beim Korrekturlesen übersehen, dass durch das Programm „Fikentscher“ in „Finnischer“ transformiert wurde. So etwas kommt heute auch bei der automatischen Spracherkennung vor. 

Um nun aber auch noch juristisch zu lernen, was Fikentscher gesagt hat, hier seine drei zentralen Thesen:

Bei der normalen Vollmacht setzt die Vertretungswirkung Vertretungsmacht, Offenkundigkeit des Handelns in fremdem Namen, aber keinen Vertretungswillen voraus.

[…]

Bei der Scheinvollmacht setzt die Vertretungswirkung zwar keine Vertretungsmacht, wohl aber ihren Anschein und offenkundiges Handeln in fremdem Namen voraus. Vertretungswille ist nicht erforderlich.

[…]

Beim Geschäft für den es angeht setzt die Vertretungswirkung Vertretungsmacht voraus, aber keine Offenkundigkeit des Handelns in fremdem Namen. Vertretungswille muss vorliegen.

(AcP 154 (1955), S. 21)

 
Update:
 
Aus „Finnischer“ ist nun „Fikentscher“ geworden. 
 
Gestern so:
 
 
 
Heute so:
 
So wünscht man sich die Korrekturgeschwindigkeit :-).

3 comments

  1. Korrektor sagt:

    Jetzt bitte noch die Bilder zu den Texten „Gestern so:“ und „Heute so:“ austauschen, damit bei den Lesern keine Verwirrung entsteht.
    Grüße

  2. […] juristischer Autoren haben so ihr eigenes Schicksal. Nach Kingreen alias Kindgreen und Fikentscher alias Finnischer folgt nun Löhnig, der nicht selten auch als “Löhning” […]

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