Archiv für September 2015

„Was versteht man unter strafrechtlicher Konsumption?“

TiereDiese Frage stellen uns Pötters/Werkmeister, Basiswissen Jura für die mündlichen Prüfungen, 2015 auf Seite 67. In der Antwort heißt es dann:

Konsumption meint, dass ein Tatbestand regelmäßig bei der Begehung eines anderen mitverwirklicht wird. Aus diesem Grund gilt eine Bestrafung aus dem vorrangigen Delikt als ausreichend. […] Ein Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB konsumiert regelmäßig den Hausfriedensbruch nach § 123 StGB.

[Es gibt die Schreibweise „Konsumption“ und „Konsumtion“, wobei letztere wohl die verbreitetere ist.]

Wir sollten die Antwort von Pötters/Werkmeister etwas ergänzen.

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Eine „Prise“ Europarecht in der BGB-Klausur, oder: Verbrauchsgüterkauf und Fristsetzung

Zwei-SeitenFranz Hofmann behandelt in der JA 2013, 16ff einen Fall, in dem ein Vater für seine beiden Zwillingstöchter je ein Pferd gekauft hat. Da der Käufer aus unterschiedlichen Gründen mit beiden Pferden unzufrieden ist, stellt sich im Fall die Frage, welche Ansprüche bei diesem Verbrauchsgüterkauf bestehen. Geprüft wird u.a. ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für eines der Pferde aus § 346 I iVm §§ 437 Nr.  2, 323 BGB.

Betrachten wir aus der Fall-Bearbeitung die folgende Passage:

Damit der Käufer vom Kaufvertrag nach § 323 I BGB zurücktreten kann, bedarf es grundsätzlich einer Fristsetzung zur Nacherfüllung. Eine solche hat B nicht gesetzt.

(JA 2013, 16 (18))

Aber bedarf es einer solchen Fristsetzung wirklich?

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§ 281 I 1 BGB: Fristsetzung – Ausnahme für Verbraucher?

Monika A. Kubela schreibt in der JA 2015, 729 (733):

V. Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist

Es müsste eine angemessene Frist zur Nacherfüllung erfolglos abgelaufen sein.

1. Aufforderung zur „unverzüglichen“ Nachlieferung

Ausweislich des Sachverhalts forderte K die unverzügliche nochmalige Lieferung einer von ihr bestellten Garnitur […]. Bei Verbraucherverträgen ist die Nennung eines konkreten Datums mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung als nicht erforderlich anzusehen. Zur Setzung einer Nachfrist genügt es, wenn diese „sofort“, „unverzüglich“, „umgehend“ uÄ gefordert wird. […]

Mensch

 

Wie ist die Formulierung „Bei Verbraucherverträgen ist die Nennung eines konkreten Datums mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung als nicht erforderlich anzusehen“ zu deuten? „Nur bei Verbraucherverträgen“ oder „Auch bei Verbraucherverträgen“?

 

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RTL on Justice: Einspruch? Widerspruch?

Am 14.09.2015 lief um 23:30 Uhr bei RTL die Sendung „30 Minuten Deutschland – Justice“ mit dem Titel „Der Vater ohne Gesicht – Wenn ein Elternteil ausgegrenzt wird“.

Laut Richterin Julia Scherf hat die Sendung folgendes Ziel:

Wer vor Gericht steht, will mit seinen Sorgen und Nöten verstanden werden und begreifen, was das Gesetz zu seinem Fall sagt. Hier wollen wir helfen – indem wir die Gründe für gesetzliche Regelungen, den Sinn und den Zweck von Normen, und die Funktionsweise von Prozessordnungen erklären.

Tatsächlich ist beim Auftakt (0:01:08 – 0:02:30) von etwas Prozessualem die Rede:

Schon vor einem guten Jahr berichtete Justice über den Fall
von Uwe X. Hier ein Ausschnitt aus dem Film, der u.a. das
Schicksal von Vätern thematisierte, die ihre Kinder nicht
sehen dürfen. Herr X ist so ein Vater. Über seine Geschichte
darf er in diesem Film nur anonym sprechen. Das Landgericht
Berlin hat per einstweiliger Verfügung sein Grundrecht auf
freie Meinungsäußerung eingeschränkt. […]

(Julia Scherf, Richterin) Vor einem Jahr berichtete Justice
über das Thema Kindesentfremdung als Folge erbitterter
Trennungskriege zwischen Müttern und Vätern. Und da sind wir
mit unserer Berichterstattung zwischen die Fronten geraten.

Vor der Ausstrahlung erreichte die Redaktion eine
einstweilige Verfügung. Es ging um die Frage, ob ein Vater,
der seit fast zehn Jahren darum kämpft, seine drei Kinder
sehen zu dürfen, das Recht hat, seine Geschichte öffentlich
zu erzählen. Oder ob das nur erlaubt ist, wenn dabei sein
Gesicht – wie hier – seine Stimme und sein Name verfremdet
werden.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Grundrecht.
Deswegen haben wir gegen die einstweilige Verfügung Einspruch
erhoben und vor dem Land- und Kammergericht Berlin Recht
bekommen. Der Vater darf berichten.

(Zum Film; zur Zeit noch kostenlos)

Was fällt hier prozessual auf?

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Unterschied zwischen „Vertretenmüssen“ und „Verschulden“

Heute betrachten wir eine Formulierung in der JuS 2012, 43 (46f) von Christoph H. Seibt und Simon Schwarz:

Ein Schadensersatzanspruch setzt ein Verschulden des Verkäufers voraus, dessen Vorliegen grundsätzlich vermutet wird, § 280 I 2.

In dem zitierten § 280 I BGB steht:

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

FischWir sehen: Seibt/Schwarz schreiben, dass ein Schadensersatzanspruch ein Verschulden des Verkäufers voraussetzt. In § 280 I 2 BGB ist aber von Vertretenmüssen die Rede. Können wir diese beiden Begriffe synonym verwenden oder gibt es einen Unterschied?

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