Archiv für April 2019

Zur Zuständigkeit des Strafrichters am Amtsgericht

In der Musterlösung von Matthias Modrey zur Klausur B 81 aus dem Klausurenkurs von Alpmann Schmidt zum 2. Examen heißt es auf Seite 8:

C. Prozessuales

I. Gegen die Beschuldigten N und M ist die öffentliche Klage zu erheben. Sachlich zuständig ist das Amtsgericht – Strafrichter – Bochum, da keine Strafe zu erwarten ist, die eine Freiheitsstrafe von vier Jahren übersteigt (§ 24 GVG).

Sollte man tatsächlich so formulieren, um die Zuständigkeit des Strafrichters zu begründen?

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Der Schokoladen-Osterhase von Koblenz

Ja, es gibt entspannte Momente im Referendariat, viel zu selten zwar, aber immerhin. Dazu gehört das Pausen-Geplauder in der Cafeteria. Letzte Woche wurde dabei in vorösterlicher Runde von einem Amtsträger folgende Geschichte erzählt:

In Koblenz sei in einem Großverfahren eine Schöffin erfolgreich wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden, weil sie dem Staatsanwalt zu Ostern einen Schokoladen-Osterhasen geschenkt habe. Wegen des sich aufdrängenden Bezugs zu Ostern konnte der Versuchung nicht widerstanden werden, abweichend von der Regel „Kein Blog-Eintrag an Feiertagen“ hier zum Ostermontag die Frage aufzuwerfen, ob es sich dabei um eine „urban (legal) legend“ möglicherweise mit 1. April-Charakter oder eine wahre Geschichte handelt. Weiterlesen

Öffentliches Interesse vs besonderes öffentliches Interesse

In dem Leitfaden des Landes Brandenburg zur Verfassung von Examensarbeiten im Strafrecht heißt es:

Sofern nur der Verdacht wegen Privatklagedelikten (§ 374 StPO) besteht, hat er [der Staatsanwalt, M.H.] darüber zu befinden, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft besteht (§ 376 StPO). Sofern das besondere öffentliche Interesse besteht, erhebt er selbst Anklage. Andernfalls stellt er das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO unter Hinweis auf den Privatklageweg ein.

Über welche Formulierung könnte man hier stolpern?

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Eine kurze Geschichte von § 15 StGB

Heute können wir auf Einladung von Thomas Fischer eine kleine Zeitreise in die Geschichte des Strafgesetzbuchs unternehmen. Der Nutzen solcher Zeitreisen ergibt sich daraus, dass sie ein beliebter Teil von Prüfungsgesprächen sind.

Fischer schreibt:

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. So lautet, knapp und übersichtlich, § 15 StGB seit ungefähr 140 Jahren. Das enthält zwei Botschaften. Erstens: Man muss unterscheiden zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Zweitens: Man muss strafbares Verhalten unterscheiden nach Vorsatz und Fahrlässigkeit.

Wer sagt: Recht hat er mit der Zeitangabe? Und wer hat Zweifel?

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Chateauneuf-du-Pape: Eine Gemeinde-Verordnung zu Fliegenden Untertassen?

Das Internet ist voll von Erzählungen über merkwürdige Gesetze und Regelungen. Bei vielen von ihnen ist man geneigt, von vornherein „April April“ zu rufen. Da heute der Tag der wöchentlichen Blog-Veröffentlichung auf den 1. April fällt, soll mit einem Beispiel die Probe auf´s Exempel gemacht werden.

Die unter Gesichtspunkten des 1. April zu begutachtende Geschichte geht so:

Châteauneuf-du-Pape in Département Vaucluse ist weltbekannt für seinen Wein. Weniger bekannt ist, dass die Gemeinde verbotenes Terrain für ausserirdische Flugobjekte ist. 1954, als es in Frankreich zu einer Welle von UFO-Sichtungen kam, sorgte sich der Bürgermeister um Wein und Leute und erliess ein totales Lande- und Startverbot für UFOs. Es ist nicht bekannt, ob das Gesetz seither jemals zur Anwendung gelangte.

Soll man hier „April April“ rufen?

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