Der elektronische Rechtsverkehr ist jetzt auch beim Bundesverfassungsgericht angekommen

Heute möchte ich auf eine Änderung im Bundesverfassungsgerichtsgesetz aufmerksam machen, die künftig auch in der Klausurpraxis eine Rolle spielen kann, allerdings erst ab dem 1. August 2024. Im BGBl. 2024 I Nr. 121 vom 17.04.2024 wurde das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit dem Bundesverfassungsgericht verkündet. Mit diesem Gesetz werden nach § 23 BVerfGG §§ 23a bis 23e BVerfGG eingefügt. Was bedeutet das nun für Klausuren?

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Welcher Pflichtteil? 25 Millionen? Oder darf’s doch etwas weniger sein?

Wieder einmal lädt ein Zeitungsartikel dazu ein, über juristische Fragestellungen näher nachzudenken. Heute soll es um einen Artikel in Focus online gehen, der mit „Denkt über sein Testament nach: Robert Geiss vererbt seinen Töchtern gigantische Summe“ betitelt ist. In dem Beitrag selbst wird dann wie folgt ausgeführt:

Laut „Vermögen Magazin“, zitiert von „Bild.de“, beläuft sich das Gesamtvermögen der Geissens nämlich auf rund 100 Millionen Euro. Damit könnten Shania und Davina jeweils 50 Millionen Euro erben. Doch sollte er seine Töchter in seinem Testament tatsächlich „nur“ mit einer einzigen Immobilie bedenken, so steht ihnen dennoch laut deutschem Erbrecht ein gesetzlicher Pflichtteil zu. Der würde sich demnach auf 25 Millionen Euro pro Person belaufen. Am Hungertuch nagen, werden Shania und Davina also sicherlich nicht.

www.focus.de/kultur/stars/denkt-ueber-sein-testament-nach-robert-geiss-vererbt-seinen-toechtern-gigantische-summe_id_259831388.html

Fassen wir zusammen: Robert Geiss ist mit Carmen Geiss verheiratet. Die Beiden haben zwei gemeinsame Töchter, Shania und Davina. Kann man den Pflichtteilsanspruch von Shania und Davina tatsächlich so berechnen, wie es sich Focus vorstellt?

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Ein Aprilscherz mit juristischen Folgen

Eigentlich wollte ich den folgenden Beitrag genau zum ersten April schreiben. Da war allerdings Ostermontag mit anderen Prioritäten. Der Fall mit dem April-Scherz und den juristischen Folgen eignet sich aber ohnehin besser für die Zeit nach dem 1. April, denn es geht um die möglichen Folgen eines Aprilscherzes.

Die Schuldnerin hat wegen eines vom Gläubiger beanstandeten, von der Schuldnerin als Aprilscherz gedachten Facebook-Auftritts eine notariell beurkundete Unterlassungserklärung abgegeben. Sie beantragte dafür beim Amtsgericht den Erlass eines Androhungsbeschlusses gemäß § 890 Abs. 2 ZPO.

BGH, Beschl. v. 07.06.2018, I ZB 117/17, juris Rn. 1

Hier stellt sich die Frage: Kommt im Rahmen von § 890 Abs. 2 ZPO eine Antragstellung durch den Schuldner in Betracht?

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Vorsicht bei vertrauten Streitständen!

Wenn man im Studium einen Streitstand kennenlernt und in einer Examensklausur den „Verdacht“ hat, den Streitstand wiederzuerkennen, ist Vorsicht angezeigt. Denn es kann sein, dass sich die rechtliche Beurteilung der Problematik in der Zwischenzeit verändert hat. Dies soll heute anhand eines Beispiels demonstriert werden.

Es war umstritten, ob es sich bei der Übernahme einer Bürgschaft um einen Vertrag handelt, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Zu dieser Frage hatte der BGH wie folgt entschieden:

Das Widerrufsrecht nach § 355 iVm §§ 312 b I, 312 g I BGB setzt gem. § 312 I BGB einen Verbrauchervertrag (§ 310 III BGB) voraus, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Erforderlich ist, dass der Unternehmer aufgrund eines Verbrauchervertrags die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat. Diese Voraussetzungen eines Widerrufsrechts erfüllen Bürgschaften nicht.

BGH, Urt. v. 22.9.2020 – XI ZR 219/19, juris Rn. 15

Wenn man sich heute in einer Klausur mit der Frage auseinandersetzt, ob es sich bei der Übernahme einer Bürgschaft um einen Vertrag handelt, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, macht man etwas falsch. Wo liegt das Problem?

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Überschwenken eines Baukrans

Das auf der linken Seite dieses Beitrags abgebildete Gespräch könnte den Einstieg in eine mündliche Prüfung bilden. Es ließe sich die Frage diskutieren, ob man den Ausleger eines Kran über ein fremdes Grundstück schwenken darf. Um sich einer Antwort zu nähern, sollte zunächst darüber nachgedacht werden, ob es eine Vorschrift im BGB gibt, welche die Befugnisse des Eigentümers beschreibt. Insofern ist § 903 BGB einschlägig:

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Offen bleibt dann natürlich noch die Frage nach der Reichweite des Eigentums. Wenn man hier die „Dunstkreismethode“ anwendet und sich ein wenig im Umfeld von § 903 BGB orientiert, wird man fündig.

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