„Sommer unseres Lebens“

Man stelle sich folgenden Prüfungsdialog vor:

Prüfer: Sagt Ihnen das BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“ etwas?

Prüfling: Ja.

Prüfer: Könnten Sie kurz den wesentlichen Inhalt zusammenfassen?

Prüfling: Anbieter von offenen W-Lans müssen für ihre Nutzer haften, sollten die illegal Musik oder Filme herunterladen. Damit müssen sie für alles geradestehen, was nicht anderen Leuten angelastet werden kann.

Prüfer: Woher haben Sie denn das?

Prüfling: Aus der FAZ.

Prüfer: ???

Da der Prüfling (in dem fiktiven Prüfungsdialog) wirklich aus der FAZ zitiert hat, sich aber ein Statement dieser Art wohl im Prüfungsverlauf nicht besonders günstig auswirken würde, empfiehlt sich eine genauere Betrachtung der Sachlage.

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Eine Pressemitteilung ist kein Beschluss

Aktuell berichtet der Deutschlandfunk im Internet:

Pressevertreter haben keinen Anspruch darauf, dass ihnen der Bundesnachrichtendienst Auskunft über die umstrittene NSA-Spionageliste gibt.

Und fährt dann fort:

Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. In der Begründung der Richter heißt es, einer Offenlegung stünden berechtigte schutzwürdige Interessen des BND entgegen. Ein Anspruch auf Auskunft ergebe sich nicht aus dem Grundrecht der Pressefreiheit.

Auch das Aktenzeichen wird mit angegeben:

6 VR 1.15

Da sollte man ja nun meinen, es gäbe schon eine „Begründung der Richter“.

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AGG-Prüfung

Tobias Wirtz stellt in der RÜ 2015, 222ff die Entscheidung des BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12 vor. Dabei bewertet er das Urteil auf Seite 225 wie folgt:

Tor

Die Falllösung erfordert eine komplette AGG-Prüfung, die keine vertieften Vorkenntnisse voraussetzt, aber den Prüflingen eine anspruchsvolle und umfangreiche Argumentation abverlangt. Kurzum: eine perfekte Vorlage für eine Examensklausur.

Wenn wir nun den Lösungsvorschlag von Wirtz betrachten, so wird deutlich, dass die erforderliche „komplette AGG-Prüfung“ leider nicht so vollständig ist, wie es in einer Klausur erforderlich wäre.

Betrachten wir den Aufbau von Wirtz, S. 222:

Ein diesbezüglicher Anspruch der K könnte sich aus §§ 1, 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 AGG ergeben.

[…]

1. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 AGG ist eine unmittelbare Benachteiligung gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt.

[…]

Damit liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 AGG vor.

2. Die Benachteiligung wegen des Alters könnte indes gerechtfertigt sein. Hier kommt eine Rechtfertigung gemäß § 10 AGG in Betracht.

Kann man so in die Prüfung einsteigen?

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Auslegung im Verwaltungsrecht

In der Klausur C 499 des Klausurenkurses von Alpmann Schmidt heißt es:

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 88 Hs. 2 VwGO in Bezug auf die Ermittlung der statthaften Klageart nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist. Sofern der Klageantrag im Hinblick auf das Begehren des Klägers nicht eindeutig ist, kann das Verwaltungsgericht diesen vielmehr gemäß § 130 BGB analog auslegen und ggf. sogar gemäß § 140 BGB analog umdeuten.

Für Klausuren sollte man diesen Gedankengang noch etwas verfeinern.

Der zitierte Paragraph § 130 BGB hat die amtliche Überschrift:

Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden

Das kann nicht gemeint sein.

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Cybermobbing als Körperverletzung?

Am 23.07.2015 hatte „Donnerstalk“ mit Dunja Hayali im ZDF Premiere. Man kann (und sollte vielleicht auch) nicht die juristischen Begleitreflexe ausschalten, wenn man Talk-Shows anschaut. Unter Umständen sollte man bei solchen Gelegenheiten sogar bewusst die juristische Aufmerksamkeit trainieren. Die Gelegenheit dafür war in Minute 39:50 gekommen. Da sagte nämlich die Moderatorin:

Jetzt ist es in Österreich seit ein paar Tagen so, da gibt es ein neues Gesetz, und zwar wird da Cybermobbing mittlerweile als Körperverletzung angesehen.

Cybermobbing als Körperverletzung?

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