Archiv für Februar 2015

Anhörung gemäß § 28 I VwVfG

In der JA 2/2015 finden wir auf den Seiten 115ff eine Fall-Lösung von Birgit Peters mit dem Titel „Was lange währt …?!“.

Auf Seite 117 lesen wir:

II. Verfahren

Darüber hinaus müsste der Oberkreisdirektor die weiteren Verfahrensvoraussetzungen eingehalten haben, insbesondere die A gem. § 28 I NRWVwVfG angehört haben. Dies ist der Fall, wenn A vor Erlass des Bescheids Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Dies ist der Fall, wenn A vor Erlass des Bescheids Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. A hatte vor Erlass des Rücknahmebescheids am 31.10.2013 keine Gelegenheit, zu den Angaben aus den Akten der Stasiunterlagenbehörde Stellung beziehen. Sie wurde also nicht im Sinne des § 28 I NRWVwVfG angehört. Der Bescheid vom 31.10.2013 ist daher verfahrensfehlerhaft.

Nun ein Blick in eine Probeklausur, die ich vor einiger Zeit geschrieben habe:

Anhörungserfordernis

 

 

 

 

 

(Man mag sich wundern, warum ich die Klausur mit dem Computer geschrieben habe. Hintergrund ist, dass wir die Probeklausur zu Hause bearbeiten sollten und ich meinem Korrektor die Lektüre erleichtern wollte).

Hier nun die Korrekturanmerkung in Transkription: „Anhörung erforderlich, da in Rechte des R eingegriffen wird.“

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„Mindestlohn-Haftung verunsichert Firmen“

Heute mal ein Blick in Der Betrieb, 8/2015, S. M9:

Mindestlohn-Haftung verunsichert Firmen

[…] Eine Firma, die einen Auftrag annimmt und Teilaufträge an Subunternehmen vergibt, haftet für die Einhaltung der Lohnuntergrenze in der gesamten Leistungskette. […] ‚Uns werden seit dem Jahreswechsel stapelweise Schreiben vorgelegt, mit denen Firmen versuchen, sich gegen Haftungsrisiken beim Mindestlohn abzusichern‘, berichtet Arbeitsrechtler Thomas Ubber, Partner bei der Kanzlei Allen Overy.

Bei der Lektüre erinnert man sich dunkel daran, dass in der Vorlesung „Handelsrecht“ immer gegen die Verwechslung der Begriffe „Firma“ und „Unternehmen“ zu Felde gezogen wurde.

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„Nicht so berechtigter Besitzer“ – wie man ihn in einer Klausur unterbringen kann

In der JuS 2015 befindet sich auf den Seiten 156ff eine Fall-Lösung von Nikolas Klein, die mit „(Original-)Referendarexamensklausur – Zivilrecht: Anwaltshaftung, Mietrecht und Zivilprozessrecht – Der untätige Rechtsanwalt“ betitet ist.

Zunächst ein kurzer Blick in den Sachverhalt, Seite 156:

W hat eine Wohnung an M vermietet. Nachdem M ausgezogen ist, findet eine Wohnungsübergabe statt, bei der W feststellt, dass die Wohnung in keinem guten Zustand ist. Wörtlich heißt es:

Außerdem sind im Bad die Toilette und das Waschbecken, die erst vor dem Einzug von M erneuert worden waren, beschädigt worden. Offensichtlich hat man auf die Toilette und das Waschbecken Gegenstände fallen lassen, denn sie weisen so erhebliche Sprünge und Absplitterungen auf, dass sie nicht mehr benutzbar sind.

Nun könnte man (neben vielen anderen Ansprüchen, die in der Fall-Lösung angesprochen werden) an ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis denken. Dazu heißt es in dem Lösungsvorschlag auf Seite 159:

(cc) Schadensersatz für Waschbecken und Toilette gem. §§ 989, 990 BGB – 2920 Euro. Ein Inhaltsgleicher Schadensersatzanspruch des W gegen M gem. §§ 989, 990 BGB scheitert bereits daran, dass zum Zeitpunkt der Beschädigungen wegen des Besitzrechts des M gegenüber W kein EBV bestand.

pusteblumeIm Zeitpunkt der schädigenden Handlung, also der Beschädigung von Waschbecken und Toilette, bestand zwischen W und M ein Mietvertrag, § 535 BGB, sodass W zwar Eigentümer und B Besitzer war, jedoch hatte B ein Recht zum Besitz, § 986 I 1 BGB. Damit besteht unmittelbar kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zwischen W und M, denn dieses regelt nur das Verhältnis zwischen Eigentümer und unberechtigtem Besitzer.

Möglicherweise gibt es aber einen Gedanken, den man an dieser Stelle noch ansprechen könnte. Richtig: Die Figur des „nicht-so-berechtigten Besitzers“. Worum geht es dabei?

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Probleme beim Internethandel – Probleme mit neuem Recht …

RatlosIn der JA 2014, 687ff findet sich in der Kategorie „Übungsblätter Referendare“ eine Klausur von Jäckel, die mit „Probleme beim Internethandel“ betitelt ist. Die Klausur spielt im Jahre 2013. Leider wird die Klausur auch auf dem Rechtsstand von 2013 gelöst. Sachlich ist das natürlich richtig, wie man Art. 229 § 32 I EGBGB entnehmen kann:

§ 32 Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung

(1) Auf einen vor dem 13. Juni 2014 abgeschlossenen Verbrauchervertrag sind die Vorschriften dieses Gesetzes, des Bürgerlichen Gesetzbuchs, […] in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden.

Das bringt für Studenten, und auch Referendare Probleme mit sich. Man soll im eigenen Interesse immer mit einer aktuellen Gesetzessammlung arbeiten – da sind die alten Normen aber nicht abgedruckt. Zudem möchte man doch gerade jetzt, wo das Recht sich erst geändert hat, die neue Rechtslage einstudieren und nicht in der Vergangenheit verweilen.

Im BGBl I 2013, 3642ff sieht man, dass es Veränderungen gegeben hat:

Wenn Jäckel in der JA 2014, 687 (691) zB von einem Fernabsatzvertrag iSv § 312b I BGB spricht oder einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nach § 360 I BGB, so handelt es sich um Normen, die wir aktuell im BGB nicht an dieser Stelle finden.

Gehen wir die Paragraphen im Jäckel-Beitrag der Reihe nach durch:

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„Schuldig“ oder „Strafbar“?

In der RÜ 2/2015 werden im Strafrechtsteil von Johannes Hellebrand in der gleichen Fall-Lösung die Formulierungen „strafbar“ und „schuldig“ verwendet.

A ist einer Nötigung schuldig.

(Seite 103).

A könnte einer versuchten gefährlichen Körperverletzung, §§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2, 22, 23 StGB schuldig sein.

(Seite 103; zum Normzitat siehe bereits diesen Beitrag).

A ist wegen versuchter Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 2, 22 StGB strafbar.

(Seite 104).

A ist einer versuchten Sachbeschädigung schuldig.

(Seite 104).

Warum manchmal „strafbar“, warum manchmal „schuldig“?

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