Archiv für Februar 2020

Täuschungsabsicht vs. Nachteilszufügungsabsicht

Betrachten wir heute den folgenden Ausschnitt aus der Musterlösung einer Klausur von Benjamin Dzatkowski (JA 2019, 36, 41):

Tatkomplex 2: Das Geschehen bei der Staatsanwaltschaft

A. Strafbarkeit des R gem. §§ 267 I Var. 2, 22, 23 I StGB hinsichtlich Verfahrensakte

R könnte sich wegen versuchter Urkundenfälschung gem. §§ 267 I Var. 2, 22, 23 I StGB strafbar gemacht haben, indem er in die Geschäftsstelle ging, um das Aquarell aus der Verfahrensakte zu entfernen.

[…]

2. Zwischenergebnis

Somit liegt kein Tatentschluss hinsichtlich einer Gesamturkunde vor.

III. Ergebnis

R hat sich nicht wegen versuchter Urkundenfälschung gem. §§ 267 I Var. 2, 22, 23 I StGB strafbar gemacht.

Hinweis: Wer die Gesamturkunde bejaht, muss weiterprüfen, ob die Gesamturkunde durch die Herausnahme des Aquarells verfälscht werden sollte. Wenn eine übergeordnete Beweisbestimmung im Sinne einer Vollständigkeitserklärung angenommen wird, müsste dies ebenfalls bejaht werden. Ebenso die Nachteilszufügungsabsicht, für die nach hM sicheres Wissen ausreichend ist (Rengier StrafR BT II, 18. Aufl. 2017, § 36 Rn. 8; Wessels/Hettinger, Strafrecht BT I, 41. Aufl. 2017, Rn. 895 f.; BGH wistra 2010, 104).

Der Autor ist also der Auffassung, dass für eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB eine Nachteilszufügungsabsicht erforderlich ist. Ist das wirklich so?

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Zur Beteiligungsfähigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 61 Nr. 2 VwGO

Wüstenbecker, Die verwaltungsgerichtliche Assessorklausur, 10. Aufl. 2016, Rn. 80 ff. schreibt:

Beteiligter kann nur sein, wer beteiligungsfähig ist (§ 61 VwGO, entspricht der Parteifähigkeit i.S.d. § 50 ZPO).

[…]

Nach § 61 Nr. 2 VwGO sind auch (nicht rechtsfähige) Vereinigungen beteiligungsfähig, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Eine „Vereinigung“ ist nur gegeben, wenn sie auf gewisse Dauer ausgelegt ist und ein Mindestmaß an Organisation aufweist.

[…]

Es müssen Rechte der Vereinigung selbst betroffen sein und nicht nur der einzelnen Mitglieder,

Nicht beteiligungsfähig ist danach z.B. ein Bürgerbegehren, sondern nur die Initiatoren bzw die Vertreter des Begehrens.

Zur letzten These wird in Fn. 25 auf „OVG NRW, Urt. v. 05.02.2002 – 15 A 1965/99, NWVBl. 2002, 346, 347; Fleischfresser NWVBl. 2004, 485, 486“ verwiesen.

Doch sollte man die These, dass ein Bürgerbegehren nach § 61 Nr. 2 VwGO nicht beteiligungsfähig ist, in Rheinland-Pfalz vertreten?

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Bei Berufungsgericht zugelassener Rechtsanwalt?

Bei Ingwersen-Stück in Gerhold/Hoefer/Ingwersen-Stück/Schulz: Formulare für Referendare, 2. Aufl. 2016, S. 32, Anm. 71 lesen wir:

Die Berufungsschrift muss gemäß § 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, enthalten, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Sie muss von einem bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. […]

Von einem bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt„? 

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Tenorierung bei Bescheidungsurteilen nach § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO

Detterbeck schreibt in dem Buch „Öffentliches Recht im Nebenfach“ (5. Aufl. 2017) auf Seite 199:

2. Begründetheit

Die Verpflichtungsklage ist begründet, wenn der Kläger tatsächlich einen Anspruch auf Erlass des beantragten VA hat. Insoweit ist § 113 V VwGO zu beachten. Steht definitiv fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Erlass des VA hat (die Sache ist dann „spruchreif“), verurteilt das Gericht die zuständige Behörde zum Erlass des VA, § 113 V 1 VwGO. […]

In bestimmten Fällen ist zwar die Ablehnung des VA-Erlasses oder die Untätigkeit der Behörde rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dennoch steht aber nicht fest, dass der Kläger auch einen Anspruch auf Erlass des VA hat. So verhält es sich vor allem, wenn die Behörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum hat und einen Ermessens- oder Beurteilungsfehler begangen hat. […] In einem solchen Fall verurteilt das Gericht die Behörde, über den Antrag des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts (nochmals) zu entscheiden, § 113 V 2 VwGO. Dies wird auch als Bescheidungsurteil bezeichnet.

(Hervorhebung im Original)

Inwiefern scheint eine andere Formulierung vorzugswürdig?

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