Archiv für Dezember 2015

§ 78 VwGO: Wo kommt der Klagegegner in die Prüfung?

Mit § 78 VwGO hat man als Studierender so seine Schwierigkeiten in Klausuren. Jochen Rozek, JuS 2007, 601 schreibt dazu:

Bei der Untersuchung der Erfolgsaussichten einer verwaltungsgerichtlichen Klage besteht unter Studenten in der Fallbearbeitung immer wieder Unsicherheit darüber, an welcher Stelle des Klausuraufbaus auf den richtigen Klagegegner einzugehen ist. Dies ist angesichts divergierender Empfehlungen in der Ausbildungsliteratur nicht ganz unverständlich. Im Anwendungsbereich des § 78 VwGO spielt die umstrittene Frage eine zentrale Rolle, ob § 78 VwGO als eine Regelung der passiven Prozessführungsbefugnis (Zulässigkeitsaspekt) oder der Passivlegitimation (Begründetheitselement) zu verstehen ist.

Über diese Grundsatzdiskussion möchte ich heute aber nicht schreiben, denn letztlich scheinen hier örtliche Bräuche die jeweilige Behandlung nahe zu legen. Wenn man – wie im Saarland üblich – den Klagegegner im Rahmen der Zulässigkeit prüft, sollte man aber darauf achten, dass ein logischer Fehler vermieden wird.

Betrachten wir dazu die Fall-Lösung von Bernd J. Hartmann und Michael Sendt in der JuS 2012, 917 (919f):

V. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit

N ist als Kl., S. als Bekl. gem. § 63 Nr. 1 bzw. 2 VwGO beteiligt. N ist als natürliche Person gem. § 61 Nr. 1 Var. 1 VwGO beteiligten- und gem. § 62 I Nr. 1 VwGO prozessfähig, S. als juristische Person des öffentlichen Rechts gem. § 61 Nr. 1 Var. 2 VwGO beteiligten- und als Vereinigung gem. § 62 III VwGO prozessfähig. Sie wird gem. § 42 I 2 BadWürttGemO durch den Oberbürgermeister (vgl. § 42 IV BadWürttGemO) der Großen Kreisstadt S. vertreten.

Erst nach der Prüfung der Beteiligungs- und Prozessfähigkeit widmen sich die Autoren dem Klagegegner:

VI. Klagegegner

Mangels einschlägigen Landesrechts i. S. von § 78 I Nr. 2 VwGO muss N nach Nr. 1 dieser Vorschrift jene Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen VA erlassen hat, verklagen. Die Baugenehmigung des B hat der Oberbürgermeister erteilt. Als Rechtsträgerin ist S. also die richtige Klagegegnerin.

Was spricht gegen diesen Prüfungsaufbau?

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