Wer kennt OLGA?

Das OLG Stuttgart hat einen IBM-Massenverfahrensassistenten zur Fallbearbeitung in Dieselabgasverfahren pilotiert. Anlass war die Flut an Berufungen in Dieselsachen (eine fünfstellige Zahl, Tendenz steigend). Traditionelle Arbeitsweisen erwiesen sich angesichts dieser Masse als unzureichend. Deswegen setzte man sich folgendes Entwicklungsziel:

Die fertige Lösung sollte in der Lage sein, relevante Parameter aus umfangreichen Schriftsätzen zu extrahieren und die Fälle auf Basis dieser Daten passenden Kategorien und entsprechenden Beschlusstypen zuzuordnen. So wird als Grundlage für die in richterlicher Unabhängigkeit zu treffenden Entscheidungen eine solide Datenbasis vorbereitet, die Fehleranfälligkeit minimiert und dadurch die Nutzerakzeptanz erhöht.

https://de.newsroom.ibm.com/2022-12-07-OLG-Stuttgart-pilotiert-IBM-Massenverfahrensassistenten-zur-Fallbearbeitung-in-Dieselabgasverfahren

Mittlerweile gibt es einen Prototyp, der diesem Anforderungsprofil entspricht. Der „Massenverfahrensassistent“ für Dieselverfahren hatte Gestalt angenommen. Aber ist mit Bezug darauf die Rede vom „Stuttgarter Massensverfahrensassistenten“? Nein, alle sprechen diesbezüglich von „OLGA“. Warum?

Es gab dazu einige Hypothesen. Beginnen wir mit einem besonders kreativen Gedanken. Wie lautet die Anschrift des OLG Stuttgart? Richtig: Olgastraße 2, 70182 Stuttgart. Und warum heißt die „Olgastraße“ in Stuttgart „Olgastraße“? Sie ist benannt nach „Olga“, der Königin von Württemberg. Also eine Ehrerbietung für die Königin, die im Familienkreis „Olly“ genannt wurde? Eher unwahrscheinlich. Außerdem hätte dann die Gefahr bestanden, dass der Stuttgarter Volksmund wie beim Olga-Hospital aus der Bezeichnung ein „Olgäle“ gemacht hätte, was marketingtechnisch überregional nicht so geeignet wäre.

Aber vielleicht verbirgt sich ja hinter dem Namen „OLGA“ ein Akronym? Denn so ist es bei einem anderen in einer Kooperation des AG Frankfurt mit IBM entstandenen Massensverfahrensassistenten für Fluggast-Fälle. Dieser heißt „FRAUKE“, und dass soll stehen für „“Frankfurter Urteils-Konfigurator Elektronisch“. Aber wofür könnte OLGA als Akronym stehen?

Fragen wir dazu ein System, dass sich bei dem Finden und deuten von Akronymen als „phantasievoll“ erwiesen hat (wenn dem System diese Eigenschaft zuschreiben darf). Bing antwortete in Kooperation mit GPT-4 auf Anfrage am 16.04.2023 wie folgt:

OLGA steht für „Optimierung der Leistungsfähigkeit von Gerichten durch Automatisierung“ und ist ein Projekt zur Entwicklung von KI-basierten Lösungen für die Bearbeitung von Massenverfahren. IBM hat eine Lösung entwickelt, die mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Schriftguterkennung Richter_innen bei der Bearbeitung von Massenverfahren effizient unterstützt. Das Oberlandesgericht Stuttgart pilotiert den IBM-Massenverfahrensassistenten zur Fallbearbeitung in Dieselabgasverfahren.

Diese Deutung erscheint irgendwie plausibel, sie trifft aber nicht zu. Die historische Wahrheit besagt etwas Anderes. Von IBM hört man, dass „OLGA“ der interne Codename für das Projekt gewesen sei. Der wurde dann beliebter als die etwas sperrige Bezeichnung „Massenverfahrensassistent“.

Bei der Tagung zum Thema „Künstliche Intelligenz“ des OLG Celle zusammen mit dem Deutschen EDV-Gerichtstag e.V. erläuterte Jan Spoenle vom OLG Stuttgart, wie das Akronoym aufzulösen ist. Die Auflösung knüpft an das „OLG“ in OLGA an. Das „A“ steht für „Assistent“. OLGA ist also der „Oberlandesgerichtsassistent“.

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