Archiv für klartext-jura

Zur Wirksamkeit von Verkehrszeichen

Horst Wüstenbecker schreibt in der RÜ 2018, 657, 662:

Ein gestrecktes Verfahren wird überwiegend abgelehnt, wenn sich die Kostenforderung gegen den Halter richtet, der nicht mit dem Fahrer identisch ist. Denn das im Verkehrszeichen enthaltene Wegfahrgebot wirke nur gegen den Fahrer, der das Fahrzeug verbotswidrig abgestellt, nicht dagegen gegenüber dem ortsabwesenden Halter. Diesem gegenüber komme nur eine Sofortmaßnahme in Betracht. Die Gegenansicht bejaht dagegen auch gegenüber dem Halter ein gestrecktes Verfahren, da das Verkehrszeichen mit der Aufstellung auch ihm gegenüber wirksam werde. Dagegen spricht jedoch, dass das Verkehrszeichen gegenüber dem jeweiligen Verkehrsteilnehmer erst dann Wirksamkeit entfaltet, wenn dieser sich erstmals der Regelung des Verkehrszeichens gegenüber sieht (BVerwG RÜ 2011, 51, 53).

(Hervorhebung im Original)

Vertritt das Bundesverwaltungsgericht tatsächlich die Auffassung, dass ein Verkehrszeichen gegenüber dem jeweiligen Verkehrsteilnehmer erst dann Wirksamkeit entfaltet, wenn dieser sich erstmals der Regelung des Verkehrszeichens gegenüber sieht?

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Hauptantrag, Hilfsantrag – Klageabweisung im Übrigen …

Anders/Gehle, 13. Aufl. 2017, K. Rn. 10 schreiben:

Soweit der Hauptantrag, der Hilfsantrag oder ein unter mehreren vorrangiger Hilfsantrag erfolglos bleibt, muss die Klage selbstverständlich „im Übrigen“ abgewiesen werden. Wer diese Wendung, was häufig geschieht, im Tenor vergisst, begeht einen Fehler.

Hier kann man einen Fehler machen? Ein solcher Hinweis in Lehrbüchern erhöht natürlich immer die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser.

Mir scheint die Formulierung von Anders/Gehle jedoch zu kurz gegriffen. Vielmehr meine ich, dass die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von Haupt- und Hilfsantrag betrachtet werden müssen, um feststellen zu können, ob die Notwendigkeit besteht, die Klage „im Übrigen“ abzuweisen.

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§ 211 StGB: Heimtücke

Um das Mordmerkmal der Heimtücke ging es ja bereits in einem älteren Blog-Beitrag. Heute soll ein dort nicht näher thematisierter Aspekt beleuchtet werden.

In der Lösung zur Klausur Nr. 393 des Assessorkurses Rheinland-Pfalz von Hemmer heißt es auf Seite 1:

Tatbezogene Mordmerkmale kommen in dem vorliegenden Fall allerdings nicht ernsthaft in Betracht.

Insbesondere kann man die versuchte Tötung des B nicht heimtückisch nennen. Denn heimtückisch handelt nur, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausnutzt. Hiervon wird man aufgrund des vorangegangenen Streits zwischen C und B aber nicht ausgehen können.

Wie könnte man die Definition der Heimtücke hier präziser formulieren?

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Zur Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter

Timm Nissen schreibt in der RÜ 2018, 487:

1. Zwischen K als Vermieter und B als Mieterin wurde durch Vertrag vom 19.08.2013 ein Wohnraummietverhältnis begründet.

2. Ein solches kann durch den Vermieter nur gekündigt werden, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 573 Abs. 1 S. 1 BGB).

Inwiefern ließe sich das präzisieren?

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Schlussfloskeln und der Urteilsstil

Schauen wir uns heute das folgende Zitat aus der Musterlösung einer Original-Examensklausur für Referendare an:

2. Auch der Klageantrag zu Ziffer 2. ist erfolglos.

a) Das auf Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits gerichtete klägerische Begehren betreffend die Miete für Januar 2013 ist unbegründet.

[…]

Danach war die auf Feststellung gerichtete Klage abzuweisen […].

(Hinrichs, JA 2018, 770, 781)

Sollten wir so wie in diesem Beispiel in unseren Klausuren formulieren?

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