Archiv für klartext-jura

Aufdrängende und abdrängende Sonderzuweisungen: „Anything goes“

Gerrit Forst und Johannes Hellebrand erörtern in dem Alpmann-Skript „Die mündliche Prüfung im 1. Examen“, 2016, Rn. 265 die Frage, wie man die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO prüfen sollte:

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs: Nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg […] Prüfungsreihenfolge:

  • Gibt es eine aufdrängende Sonderzuweisung […]?
  • Gibt es eine abdrängende Sonderzuweisung […]?
  • Ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet?

Doch ist diese Prüfungsreihenfolge wirklich zwingend?

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§ 894 BGB – Grundbuchberichtigungsanspruch

Eine in der juristischen Ausbildung prominent im Immobiliarsachenrecht vorkommende Anspruchsgrundlage ist § 894 BGB. In diesem Sinne stellt Stefan Daniel in der Jura 2017, 1 fest:

Der Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB ist
ein beliebter Aufhänger für Klausuren aus dem Sachenrecht.

Deshalb ist es wichtig, den Anspruch korrekt zu formulieren. Betrachten wir zunächst einige gängige Formulierungen.

Jan Lieder schreibt in der JuS 2012, 623:

S könnte gegen K ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 zustehen.

Heinrich Flege formuliert in Schlüter/Niehaus/Schröder (Hrsg.), Examensklausurenkurs im Zivil-, Straf- und Öffentlichen Recht, 2. Aufl. 2015, S. 104:

3. Anspruch auf Grundbuchberichtigung, § 894 BGB

Dem V könnte ferner ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuches zustehen, § 894 BGB.

Susanne A. Benner leitet die Prüfung von § 894 BGB wie folgt ein:

2. Teil: Grundbuchberichtigungsanspruch des L

A. Anspruch des L gegen M auf Grundbuchberichtigung aus § 894

Fraglich ist, ob L gegen M einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 zusteht.

(Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht, 4. Aufl. 2013, Rn. 363)

Sollten wir unsere Prüfung von § 894 BGB mit einer Formulierung dieser Art beginnen?

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Vorlage nach Art. 267 AEUV im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes?

Heute geht es in der neuen Reihe „Frage und Antwort“ weiter. Dabei geht es um ein europarechtliches Thema, das nicht zum Standard-Repertoire gehört, mit dem man aber in der ersten juristischen Staatsprüfung rechnen muss. 

Die betreffende Frage lautet: Darf ein nationales Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen zur Durchführung einer Unionsrechtsverordnung erlassenen nationalen Verwaltungsakt erlassen, wenn Zweifel hinsichtlich der Gültigkeit dieser Unionsrechtsverordnung bestehen?

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Fristberechnung: Tückische Kleinigkeit beim Gesetzeszitat

Hauke Hinrichs schreibt in einer (empfehlenswerten) Klausurlösung für Referendare in der JA 2017, 289, 298:

Gemäß § 222 I ZPO gelten §§ 187 f. BGB für die Berechnung der Frist […]. Nach § 188 II BGB endete die Berufungsfrist für den Beklagten zu 1) – ihr Lauf begann am 28.2.2015 – danach an sich mit Ablauf des 28.3.2015, da dieser Tag durch seine Zahl dem für den Fristbeginn maßgebenden Tag entspricht, und nicht erst mit Ablauf des 31.3.2015 [..]. Da der 28.3.2015 ein Sonnabend war, verlängerte sich diese Frist gemäß § 222 II BGB bis zum Ablauf des nächsten Werktages, hier Montag, den 30.3.2015. Die Berufung des Beklagten zu 1) ging aber erst am 31.3.2015 bei Gericht ein.

In der Lösung befindet sich eine kleine Verwechslung. Wenn man sie gefunden hat, kann man daraus für eigene Klausurlösungen einen Ratschlag ableiten.

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Wie grenzt man den Antrag nach § 80 V VwGO von dem Antrag nach § 123 VwGO ab?

Die Frage, ob ein Antrag nach § 80 V VwGO statthaft ist oder aber ein Antrag nach § 123 VwGO gestellt werden muss, ist eine Frage, die in Examensklausuren immer wieder auftaucht. Die Abgrenzungsformel sollte daher nicht erst in der Klausursituation entwickelt werden, sondern bereits vorab gedanklich parat stehen.

Schauen wir uns zum Einstieg einmal gängige Formulierungen aus der juristischen Ausbildungsliteratur an.

Jochen Kermann, JA 2014, 600 (601):

A hat ein Eilverfahren eingeleitet. Welcher Antrag statthaft ist, bestimmt sich nach dem Begehren des Antragstellers. Die statthafte Antragsart ist anhand von § 123 V VwGO zu ermitteln. Danach ist ein Antrag gem. §§ 80 V, 80 a VwGO zu stellen, wenn eine Klage in der Hauptsache eine Anfechtungsklage wäre. Bei allen anderen Klagearten ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 I VwGO die richtige Antragsart im einstweiligen Rechtsschutz.

Cornelia Manger-Nestler und Robert Böttner, JuS 2015, 725 (730):

Der Antrag ist statthaft, wenn kein Fall der §§ 80, 80 a VwGO vorliegt (§ 123 V VwGO), dh in der Hauptsache keine Anfechtungsklage einschlägig wäre.

Es handelt sich dabei um Formulierungen, die man immer wieder liest. Doch sollte man sie selbst so verwenden?

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