Die GmbH und das Handelsgesetzbuch: Ein Klausurtipp

In Klausuren, die im Handels- und Gesellschaftsrecht spielen oder zumindest Bezüge zum Handels- und Gesellschaftsrecht aufweisen, stellt sich häufig die Frage, ob auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die Vorschriften für Kaufleute anwendbar sind. Von diesem Ausgangspunkt her denkend könnte man geneigt sein zu analysieren, ob die GmbH die in § 1 HGB genannten Voraussetzungen für einen Kaufmann erfüllt. § 1 Abs. 1 HGB legt fest, dass Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs – also des HGB – ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Was ein Handelsgewerbe ausmacht, können wir dann § 1 Abs. 2 HGB entnehmen:

Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Das ist eine Prüfung, die in einer Klausursituation doch einen nicht unerheblichen Aufwand verursacht. Aber spielt § 1 HGB in unserer Konstellation, also wenn wir in einer Klausur vor der Frage stehen, ob auf eine GmbH die Vorschriften für Kaufleute anwendbar sind, überhaupt eine Rolle?

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Zum 9. Geburtstag des Blogs: Etwas Spekulatives zur Zahl „Neun“ im Recht

Das Vorkommen der Zahl „Neun“ in § 288 BGB ist sicher – wenigstens beiläufig – aus Studienzeiten bekannt. Dort wird in Absatz 2 der Verzugszinssatz für Rechtsgeschäfte ohne Verbraucherbeteiligung festgelegt:

§ 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Die Verwendung der Zahl „Neun“ in diesem Kontext gibt keinen Anlass zu Spekulationen über einen möglichen zahlentheoretischen Hintergrund. Das ist aber schon beim zweiten Vorkommnis von „Neun“ im BGB anders.

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Als 600. Beitrag wieder (scheinbar) leichte Kost: Legal Tech, Rehe und Autos

Nicht nur Bücher haben ihre Geschichte. Für Zitate gilt das Gleiche. Da das Internet voll von Zitaten ist, hat die Zitatenkonjunktur sogar zugenommen. Mit der Genauigkeit der Zitate steht es aber nicht immer zum Besten, wie man am Beispiel des Benjamin Franklin-Zitats zum Thema „Freiheit und Sicherheit“ sehen kann. Es lohnt sich also fast durchweg, ein wenig genauer hinzuschauen. Das soll nun am Beispiel eines Luhmann-Zitats geschehen, das man auf der Seite des Legal Tech Center der Universität Wien unter der Überschrift „What the tech is going on?“ in folgender Fassung lesen kann:

„Recht und Datenverarbeitung haben miteinander genauso viel zu tun wie Autos und Rehe: Meist gar nichts, nur manchmal stoßen sie zusammen.“

Niklas Luhmann, 1970 (zitiert nach M. Grupp, AnwBl. 2014, 660)
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Gegenvormund: Wo ist er geblieben?

Es gibt Literatur zum Thema „Gegenvormund“, die sich auf dem Stand von 2023 befinden soll. Doch gibt es überhaupt noch den Gegenvormund?

Bis zum 31.12.2022 gab es in § 1792 BGB a.F. eine Regelung zum Gegenvormund:

(1) Neben dem Vormund kann ein Gegenvormund bestellt werden. Ist das Jugendamt Vormund, so kann kein Gegenvormund bestellt werden; das Jugendamt kann Gegenvormund sein.
(2) Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, dass die Verwaltung nicht erheblich oder dass die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist.
(3) Ist die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht gemeinschaftlich zu führen, so kann der eine Vormund zum Gegenvormund des anderen bestellt werden.
(4) Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormunds sind die für die Begründung der Vormundschaft geltenden Vorschriften anzuwenden.

Sind die Vorschriften zum Gegenvormund durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht mit Wirkung zum 01.01.2023 nun verschoben worden?

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Vertretungsmacht aufgrund von Vollmacht – und dann noch weiter prüfen?

Man lernt so viel zum Stellvertretungsrecht in den Vorlesungen, dass man sich in Klausursituationen schon fragen kann, was von dem gelerntes Wissen nun für die konkrete Fallbearbeitung relevant ist. Wichtig ist jedenfalls, dass man in Klausursituationen sein Wissen nicht vollständig „ablädt“, sondern analysiert, welches Wissen zur Lösung des konkreten (!) Falles relevant ist. Auf der Basis der Hypothese, dass man versuchen möchte, so viel erlerntes Wissen wie möglich in der Klausurbearbeitung unterzubringen, kann sich beispielsweise die Frage stellen, ob man – nachdem Vertretungsmacht aufgrund einer Vollmacht bejaht wurde – noch auf Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht zu sprechen kommen sollte.

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