Die „septem artes liberales“

Das ist eine schwierige Frage, mit wie viel Bildungsgut man im Jura-Studium rechnen muss. Wenn aber in einer juristischen Ausbildungszeitschrift von den „septem artes liberales“ die Rede ist, sollte man sich vielleicht für den Fall wappnen, dass irgendwann einmal die Rede darauf kommt. Der „Stein des Anstoßes“ findet sich in dem Aufsatz von Matthias Kilian zum Thema „Von der Beliebtheit und den Effekten einer Promotion zum Doktor der Rechte“ (JuS 2017, 187 ff.).

Dort heißt es in Fußnote 15:

Ursprüngl. war der „doctor“ d. Abschluss an einer d. höheren Fakultäten mittelalterl. Universitäten (Medizin, Recht, Theologie) u. der Magister der Abschluss d. Studiums an der sog. Artistenfakultät, an der die sieben freien Künste (septem artes liberales) gelehrt wurden (Latein, Rhetorik, Dialektik, Logik, Metaphysik, Ethik, Mathematik).

Zuerst zählt man nach: Ja, es werden sieben Fächer aufgezählt. Allerdings erinnere ich mich an die Vorlesung „Einführung in das juristische Denken und Arbeiten“ in meinem ersten Semester. Dort wurde auch von den „septem artes liberales“ gesprochen, und zwar so:

Die „sieben freien Künste“ hätten aus drei elementaren Fächern bestanden, dem sog. Trivium. Dazu hätten gezählt

  • Grammatik
  • Dialektik
  • Rhetorik

Hinzu gekommen seien vier weitere Fächer, das sog. Quadrivium:

  • Musik
  • Arithmetik
  • Geometrie
  • Astronomie
Für diese „septem artes liberales“ gab es den Merkvers:
Gram loquitur, Dia vera docet, Rhe verba colorat,
Mus canit, Ar numerat, Geo ponderat, Ast docet astra
(„Gram[matik] spricht, Dia[lektik] lehrt Wahres, Rhe[torik] schmückt Worte aus, Mus[ik] singt, Ar[ithmetik] zählt, Geo[metrie] mißt, Ast[ronomie] lehrt die Gestirne“.
(G. Ueding/G. Kalivoda. Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 5, 2001, Sp. 1079).

Wie passt das mit der zitierten Fußnote 15 und den dort genannten sieben Fächern (Latein, Rhetorik, Dialektik, Logik, Metaphysik, Ethik, Mathematik) zusammen?

Die Grammatik bezog sich natürlich auf das Lateinische. Insofern korrespondieren beide Listen.

Rhetorik, Dialektik und Logik sind gleichfalls in beiden Listen anzutreffen.

Arithmetik und Mathematik hängen so eng zusammen, dass man auch darin noch eine Parallele zwischen beiden Listen sehen kann.

Schwieriger ist das mit Metaphysik und Ethik. Diese beiden Fächer tauchen in meiner „Vorlesungsliste“ nicht auf. Das erklärt sich daraus, dass diese Fächer nicht zum ursprünglichen Kanon der „sieben freien Künste“ gehörten.

 

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