Was ist die stärkere Form? Notarielle Beurkundung oder Öffentliche Beglaubigung?

Heute geht es in der Reihe „Frage und Antwort“ mit einer Frage, die ein Prüfer in der Vorlesung als absolut relevant für die mündliche Prüfung angekündigt hatte. Mich hat sie letztlich nicht getroffen, aber andere kann ja dieses Schicksal ereilen.

Die Frage lautet:

Was ist die stärkere Form? Notarielle Beurkundung oder Öffentliche Beglaubigung?

Bei der Vorbereitung der Antwort können wir Vorschriften konsultieren, die von „notarieller Beurkundung“ oder „öffentlicher Beglaubigung“ sprechen. Es sind dies beispielsweise:

§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB

Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung.

 

§ 29 Abs. 1 S. 1 GBO

Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden.

Wir sehen: Im Rahmen von § 311b I 1 BGB bedarf es einer notariellen Beurkundung. Für die Eintragung genügt eine öffentliche Beglaubigung (§ 29 I 1 GBO).

Um dem Unterschied der beiden Formvorschriften näher zu kommen, werfen wir einen Blick auf die nähere Umschreibung beider Formen:

§ 128 Notarielle Beurkundung

Ist durch Gesetz notarielle Beurkundung eines Vertrags vorgeschrieben, so genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme des Antrags von einem Notar beurkundet wird.

 

§ 129 Öffentliche Beglaubigung

(1) Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben, so muss die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden. Wird die Erklärung von dem Aussteller mittels Handzeichens unterzeichnet, so ist die in § 126 Abs. 1 vorgeschriebene Beglaubigung des Handzeichens erforderlich und genügend.

(2) Die öffentliche Beglaubigung wird durch die notarielle Beurkundung der Erklärung ersetzt.

Die notarielle Beurkundung der Erklärung kann also die öffentliche Beglaubigung ersetzen, nicht aber umgekehrt. Allgemein formuliert: Wenn eine Form (hier die notarielle Beurkundung) eine andere Form (hier die öffentliche Beglaubigung) ersetzen kann, aber nicht umgekehrt, ist sie die stärkere.

So sieht es auch die Literatur:

Die notarielle Beurkundung ist die stärkste Form des Zivilrechts, die die Voraussetzungen schwächerer Formgebote immer erfüllt. Daher bestimmt § 129 Abs. 2 BGB klarstellend, dass die öffentliche Beglaubigung durch die notarielle Beurkundung ersetzt wird.

(Ludwig in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 129 BGB, Rn. 42)

3 comments

  1. Max sagt:

    Nach Ludwig ist die notarielle Beurkundung die stärkste Form des Zivilrechts. Kann man das mit Blick auf 127a BGB bestreiten? Denn mit 127a BGB kennt das BGB eine Form, durch die sogar die notarielle Beurkundung ersetzt wird.

    • klartext-jura sagt:

      Gute Frage 🙂 Junker (jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, Stand: 27.04.2018, § 125 BGB, Rn. 6) beantwortet diese Frage wie folgt: „Kein eigener Formtyp ist der gerichtliche Vergleich, jedoch ersetzt er unter den Voraussetzungen des § 127a BGB die notarielle Beurkundung.“

  2. […] im Rahmen dieses Beitrags erinnern mich an einen früheren Beitrag, in dem es darum ging, was der Unterschied zwischen einer Beurkundung und einer Beglaubigung […]

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