Ist der Verweis auf die herrschende Meinung ein Argument?

Victoria Ibold schreibt in der JA 2016, 505 (506):

B stellt durch das Vor-die-Nase-Halten der Spielzeugpistole F konkludent eine Gefahr für dessen Leib oder Leben – durch Verwenden der „Waffe“ gegen F – in Aussicht; nach hM ist dabei unerheblich, ob der Täter die Ausführung seiner Drohung beabsichtigt oder ob sie für ihn überhaupt realisierbar ist, solange er nur will, dass das Opfer diese für möglich hält (Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT II, 38. Aufl. 2015, § 7 Rn. 353).

Sollten wir in einer Klausur oder Hausarbeit so formulieren?

Besser nicht: Der Korrektor verweist uns ansonsten wahrscheinlich darauf, dass der Verweis auf die herrschende Meinung eine eigene Argumentation nicht ersetzen kann.

Wir müssen uns also ein Argument überlegen, warum es im Rahmen von § 249 StGB nur darauf ankommt, ob das Opfer die Realisierung der Drohung für möglich hält.

Dazu schreibt der BGH (Beschl. v. 09.09.2015, 4 StR 335/15, NStZ-RR 2016, 45, 46, zu § 255 StGB):

Dafür [für eine Drohung, M.H.] kann es ausreichen, wenn das Opfer die Ausführung der Drohung nur für möglich halten soll. Denn schon ein Zweifel, ob der Täter die Drohung wahrmachen werde, kann die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung beeinträchtigen […]

Formulieren wir also nun die Lösung von Ibold um:

B stellt durch das Vor-die-Nase-Halten der Spielzeugpistole F konkludent eine Gefahr für dessen Leib oder Leben – durch Verwenden der „Waffe“ gegen F – in Aussicht; dabei ist unerheblich, ob der Täter die Ausführung seiner Drohung beabsichtigt oder ob sie für ihn überhaupt realisierbar ist, solange er nur will, dass das Opfer diese für möglich hält. Schon dadurch kann nämlich die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung des Opfers beeinträchtigt werden.

Auf diese Weise kann man sich dem Einwand entziehen, man habe statt eines Arguments die herrschende Meinung bemüht.

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