§ 344 ZPO bei Versäumnisurteilen gegen den Beklagten im schriftlichen Vorverfahren?

Im Referendariat schreibt man die ein oder andere Klausur, und sei es auch nur zu Übungszwecken aus nicht-amtlichen Quellen. Im Folgenden möchte ich von einem diesbezüglichen „Klausurerlebnis“ im vorsätzlich nicht definierten Raum berichten :-). Da ich darauf hingewiesen wurde, bei meinen Blog-Beiträgen darauf zu achten, dass etwaige Korrektoren für Dritte nicht identifizierbar werden, gehe ich nicht näher darauf ein, in welchem der oben genannten Zusammenhänge ich die Klausur geschrieben habe.

Thematisch ging es darum, inwiefern § 344 ZPO bei Versäumnisurteilen gegen den Beklagten im schriftlichen Vorverfahren relevant werden kann. Ich hatte in meiner Klausur geschrieben:

Die durch Säumnis entstandenen Kosten sind nach § 344 ZPO vollständig dem Beklagten aufzuerlegen. Da hier das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ergangen ist, gibt es solche Kosten vorliegend nicht.

Der Korrektor schrieb als Randbemerkung:

nicht korrekt

siehe Abschnitt 1 – Erster Rechtszug – Vorbemerkung 3.1 (2) 3105 (1) Ziff. 2 RVG

Gehen wir der Frage also mal genauer nach.

Der Korrektor wollte mich mit seiner Anmerkung darauf hinweisen, dass bei einer Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO – also bei einem Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren gegen den Beklagten – auch eine 0,5 Gebühr entsteht. 

Allerdings entfällt diese 0,5-Gebühr, wenn es später zu einer mündlichen Verhandlung kommt und die 1,2-Terminsgebühr entsteht:

Mit der Erwirkung des Versäumnisurteils hat der Klägervertreter nämlich zunächst gemäß Nr. 3105 VV RVG nur eine halbe (0,5) Terminsgebühr verdient. Diese bleibt aber nach dem Entstehen der 1,2 Terminsgebühr in dem nachfolgenden Verhandlungstermin nicht zusätzlich bestehen, arg. e. Nr. 3105 VV: „Wahrnehmung „nur“ eines Termins …“, sondern geht in den nachfolgenden 1,2 Terminsgebühren auf […].“

(van den Hövel, Die Tenorierung im Zivilurteil, 7. Aufl. 2017, Rn. 552)

Das scheint mein Korrektor anders zu sehen, weil er auf Nachfrage mitteilte, dass die 0,5 Terminsgebühr zusätzlich zu der 1,2 Terminsgebühr entstehe und deshalb als Mehrkosten anzusehen sei. Im Übrigen würde die Lösungsskizze meine These teilen – die sei aber ebenso falsch.

Nun gut. Also habe ich weiter recherchiert:

Anders als im Fall eines vorausgehenden Vollstreckungsbescheids entstehen durch die Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft aber grundsätzlich keine Mehrkosten. Bei Einspruch gegen ein Versäumnisurteil gem. § 331 III verdient der Rechtsanwalt des Klägers nämlich zunächst nur eine reduzierte Gebühr von 0,5 nach VV RVG 3105, nach der Wahrnehmung des folgenden Einspruchstermins dann aber die volle Terminsgebühr gem. VV RVG 3104 iHv 1,2 Gebühren. Die reduzierte Gebühr nach VV RVG 3105 geht hierbei in der vollen Terminsgebühr gem. VV RVG 3104 auf. Der Rechtsanwalt des Klägers kann somit insgesamt nur eine volle Terminsgebühr gem. VV RVG 3104 beanspruchen, nicht etwa zusätzlich eine reduzierte 0,5 Gebühr nach VV RVG 3105.

(Ullenboom, JuS 2015, 614, 615)

Fazit: Auf die Frage, welche zusätzlichen Kosten im Sinne von § 344 ZPO bei einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten im schriftlichen Vorverfahren in Betracht kommen, kann man guten Gewissens vertreten, dass es solche in dieser Fallkonstellation nicht gibt (in diesem Sinne auch OLG Koblenz, Beschl. v. 24.08.2010, 14 W 463/10).

2 comments

  1. User sagt:

    Ich glaube er liegt da trotzdem nicht ganz falsch. Wird nämlich der Einspruch zwischen Einlegung und Einspruchstermin zurückgezogen, so fällt nur die 0,5 Gebühr an. Im Ergebnis aber hast du natürlich Recht, denn diese 0,5 Gebühr wird aufgrund des weiterbestehenden Versäumnisurteils nie in einen Urteilstenor übergehen. Denn das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren beinhaltet – natürlich – keine Kostenentscheidung bezüglich der Säumniskosten.

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