Normzitate als Gefahrgut

Kürzlich habe ich in einem aktuellen Gesetzeskommentar mit Stand 2021 folgende Normenkette gefunden:

[…] § 97 UrhG; § 47 II PatG; § 15 II GebrMG; § 14a I GeschmMG). […]

Worüber könnte man hier stolpern? Über so einiges.

Gehen wir diese Normenkette der Reihe nach durch. Einen Anspruch auf Gewinnherausgabe finden wir in § 97 II UrhG. Aber im heutigen § 47 II PatG steht nichts zum Thema Gewinnherausgabe. Gemeint ist sicherlich § 47 II PatG 1968. Angesichts dieser Sachlage zitiert man wahrscheinlich besser den geltenden § 139 Abs. 2 PatG, weil dieser für die Gewinnherausgabe heute maßgeblich ist:

Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

Der zitierte § 15 II GebrMG bezieht sich gleichfalls nicht auf die Gewinnherausgabe. Einschlägig ist § 24 II GebrMG:

Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.

Noch schwieriger wird es, wenn wir versuchen, § 14a I GeschmMG nachzuschlagen. Das Geschmacksmustergesetz existiert nämlich nicht mehr. Es ist mit Wirkung vom 01.01.2014 in „Designgesetz“ umbenannt worden. Zu zitieren wäre also § 42 II DesignG:

Handelt der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig, ist er zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des eingetragenen Designs eingeholt hätte.

Bei der Gelegenheit sollte man sich merken: Das Geschmacksmustergesetz ist jetzt das Designgesetz. Darüber hinaus sehen wir anhand dieser Zitate, dass man alle Normen überprüfen sollte, bevor man sie zitiert. Ansonsten laufen wir Gefahr, auf der Grundlage älterer Zitate aus der Kommentarliteratur in unseren Arbeiten mit veralteten Normen zu argumentieren. Und außerdem: Man lernt beim Überprüfen von Normenkette einiges „nebenbei“.

2 comments

  1. In aktuellen Urheberrechtskommentaren fand ich mal (in der Erläuterung zu amtlichen Werken gemäß § 5 UrhG) den beispielhaften Hinweis auf Bebauungspläne „gemäß BBauG“, also Bundesbaugesetz. Selbiges existiert schon lange nicht mehr: 1987 ist es im Baugesetzbuch (BauGB) aufgegangen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert