Vormundschaft für volljährige Tochter?

Wieder einmal soll ein Bericht in der Bild-Zeitung Anlass sein, einen möglichen Einstieg in eine mündliche Prüfung zu schildern. Es geht um folgendes Zitat:

Nach BILD-Informationen bietet nun eine befreundete, deutsche Psychologin Jasmin Tawil einen Therapie-Platz in ihrer Einrichtung an. Dazu käme ein zweiter Schritt: Jasmins Vater Michael Weber (63, lebt in Berlin und auf Mallorca) würde der Vormund seiner Tochter und seines Enkels werden. Bekäme das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Kleinen. So wäre eine Situation geschaffen, in der die Behörden Söhnchen Ocean wieder herausgeben.

www.bild.de/unterhaltung/leute/leute/jasmin-tawil-soll-zurueck-nach-deutschland-jedoch-ohne-sohn-83275450.bild.html

Ein 63-jähriger Vater möchte demnach u.a. für seine 40-jährige Tochter Vormund werden. Ist das nach gegenwärtiger Rechtslage realistisch?

Die klare Antwort lautet „nein“. Auch wenn das Vormundschaftsrecht im Studium nur am Rande behandelt wird, lässt sich die Antwort auf die Frage leicht finden. Im Buch 4 (Familienrecht), Abschnitt 3 (Vormundschaft, Pflegschaft für Minderjährige, rechtliche Betreuung, sonstige Pflegschaft), Titel 1 (Vormundschaft) ist die Vormundschaft geregelt. Gleich dem ersten Paragraphen in diesem Titel kann entnommen werden, dass eine Vormundschaft nur für einen Minderjährigen angeordnet werden kann. Denn in § 1773 Abs. 1 BGB heißt es:

Das Familiengericht hat die Vormundschaft für einen Minderjährigen anzuordnen und ihm einen Vormund zu bestellen, wenn

1. er nicht unter elterlicher Sorge steht,

2. seine Eltern nicht berechtigt sind, ihn in den seine Person und sein Vermögen betreffenden Angelegenheiten zu vertreten, oder

3. sein Familienstand nicht zu ermitteln ist.

Folglich wird das Familiengericht in unserem Beispiel den Vater nicht zum Vormund von seiner volljährigen Tochter bestellen dürfen.

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