Archiv für klartext-jura

Kann die Kommission nach Art. 259 AEUV gegen einen Mitgliedsstaat vorgehen?

In der JuS 2015, S. 28 – 33 findet sich in dem Aufsatz „Individualrechtsschutz in der Europäischen Union“ von Cathrin Mächtle folgende Feststellung:

Für die Praxis der Kommission ist die Verfahrensart des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 und 259 AEUV äußerst relevant, weil sie es der Kommission als „Hüterin der Verträge“ ermöglicht, gegen vertragswidriges Verhalten der Mitgliedstaaten vorzugehen.

RhinozerosDas klingt so, als handele es sich bei beiden Verfahren um Verfahren, die es der Kommission erlauben, gegen Mitgliedsstaaten „vorzugehen“. In einer europarechtlichen Vorlesung wurde uns eingeschärft, beide Verfahren streng zu unterscheiden, weil die Kommission nur in einem der beiden Fälle das Verfahren einleiten kann.

 

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Zedent – Zessionar… Chaos im Kopf?

Diesmal kann einem bei der Lektüre von JA 2014, S. 655ff an einer Stelle richtig der Kopf qualmen. Insofern sei vor Risiken und Nebenwirkungen bei der Befassung mit dem folgenden gewarnt … 🙂

Tobias Wagner schreibt zur Widerklage. Auf Seite 658 erläutert er die Zedentenwiderklage und deren prozesstaktischen Hintergrund:

Bei den genannten Fallgestaltungen handelt es sich um Fälle der Widerklage gegen den Zedenten einer Forderung (Zedentenwiderklage). Die Besonderheit dabei liegt in der Tatsache, dass die – zumeist aus der prozesstaktischen Erwägung des Zessionars, als Zeuge zur Verfügung zu stehen – erfolgte Abtretung nichts an einem etwaig bestehenden Rechtsverhältnis zwischen Zedent und <durch den Zessionar, M.H.> Beklagtem ändert. Erhebt der Beklagte damit Widerklage gegen den Zedenten, so stellt er damit letztlich nur die eigentliche Ausgangslage wieder her, welche im Fall eines Prozesses ohne Abtretung bestanden hätte.

In Satz 2 (oben hervorgehoben) behauptet Wagner, dass es bei der Zedentenwiderklage meistens die prozesstaktische Erwägung des Zessionars sei, als Zeuge zur Verfügung stehen zu wollen.

Alles klar?

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Berichtigungsanspruch von Kroatien gegen den Beck-Verlag?

Im mündlichen Examen wurde ich gefragt:

Wie viele Mitgliedsstaaten hat die EU?

Die richtige Antwort lautet zur Zeit: 28 (in Worten: achtundzwanzig).

Wer (wie ich) „27“ sagen würde, hätte falsch geantwortet und Kroatien vergessen. Allerdings könnte man auch Glück haben, denn der in Prüfungen zugelassene und als autoritativ gehandelte Sartorius II nennt in der Fußnote 1 zum AEUV (dort Nummer 146) nur 27 Mitglieder. Kroatien fehlt.

AEUV

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Droht bei der Lektüre von JuS 2014, S. 1135 ein „persönlicher Schadenseinschlag“?

Dass man beim BGH aus verfassungsrechtlichen Gründen an der Rechtsfigur des „persönlichen Schadenseinschlags“ (auch als „individueller Schadenseinschlag“ bezeichnet) zu zweifeln beginnt, wurde hier bereits berichtet. Und es wurde auch darauf hingewiesen, dass man mittlerweile eine entsprechende Informiertheit bei Studierenden in Prüfungssituationen voraussetzt.

Fensterscherben

Wer nun aber in der Jus 12/2014 die Urteilsbesprechung (BGH, Urteil vom 25.09.2014, 4 StR 586/13) „Strafrecht: Betrug durch Unterlassen – StGB §§ 13 I, 263 I | Garantenpflicht des Rechtsanwalts vor Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung“ von Bernd Hecker liest (S. 1133-1135), könnte leicht dem Irrtum erliegen, die Rechtsfigur des „persönlichen Schadenseinschlags“ sei nach wie vor vom BGH ohne Problematisierung anerkannt. Denn es heißt in der Besprechung lapidar:

„Mit Recht zieht der BGH für die Begründung des Schadensmerkmals die Kriterien des sog. individuellen Schadenseinschlags heran.“

(S. 1135)

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BVerfG als Superrevisionsinstanz? Nicht ohne die Schumann’sche Formel!

Es gibt Klausurkonstellationen, denen man immer wieder begegnet. Eine davon ist im öffentlichen Recht der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde.

Dazu schreibt Altevers in der RÜ 11/14, 724 (727):

Da das BVerfG kein Superrevisionsgericht ist, prüft es nicht die richtige Anwendung des einfachen Rechts, sondern lediglich das Vorliegen einer spezifischen Verfassungsverletzung. Eine solche ist anzunehmen, wenn das Gericht gar nicht erkannt hat, dass es im grundrechtsrelevanten Bereich agiert oder wenn die angegriffenen Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang des Schutzbereichs, beruhen (sog. Heck’sche Formel).

Sollte man das in einer Klausur so behandeln? Ich würde „nein“ sagen.

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