Archiv für Strafrecht

Tatort vs. Ergreifungsort

Bei Pötters/Werkmeister, Basiswissen Jura für die mündlichen Prüfungen, 4. Aufl. 2015, S. 34 lesen wir:

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Strafprozess nach den §§ 7 – 21 StPO. Hierbei gilt, dass die Staatsanwaltschaft vorrangig den Gerichtsstand des Ergreifungsorts i.S.d. § 7 Abs. 1 StPO wählt. Die sachliche bzw. instanzielle Zuständigkeit ergibt sich gemäß § 1 StPO auch aus den Vorgaben des GVG.

Zunächst habe ich einen Blick in § 7 I StPO geworfen:

Der Gerichtsstand ist bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist.

Das klingt aber nicht nach Ergreifungsort, sondern nach Tatort. Im Sinne der „Dunstkreismethode“ ist mir dann § 9 StPO aufgefallen:

Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist.

FroschDas eigentliche Problem, das sich mir dann aber gestellt hat, war: Welchen Gerichtsstand wählt die Staatsanwaltschaft vorrangig? Ist der Ergreifungsort und damit § 9 StPO gemeint oder der Tatort und damit § 7 I StPO?

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„Was versteht man unter strafrechtlicher Konsumption?“

TiereDiese Frage stellen uns Pötters/Werkmeister, Basiswissen Jura für die mündlichen Prüfungen, 2015 auf Seite 67. In der Antwort heißt es dann:

Konsumption meint, dass ein Tatbestand regelmäßig bei der Begehung eines anderen mitverwirklicht wird. Aus diesem Grund gilt eine Bestrafung aus dem vorrangigen Delikt als ausreichend. […] Ein Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB konsumiert regelmäßig den Hausfriedensbruch nach § 123 StGB.

[Es gibt die Schreibweise „Konsumption“ und „Konsumtion“, wobei letztere wohl die verbreitetere ist.]

Wir sollten die Antwort von Pötters/Werkmeister etwas ergänzen.

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Warum es spannend sein kann, die JuS genau zu lesen …

TropfenDer 2. Strafsenat des BGH hat mit Anfragebeschluss vom 04.06.2014 den anderen Strafsenaten beim BGH die Frage gestellt, ob das Fehlen einer qualifizierten Belehrung durch den vernehmenden Richter der Verwertung einer Zeugenaussage in der Hauptverhandlung entgegensteht (vgl dazu den Blogeintrag vom 07.12.2014).

Nun zum Lektüreerlebnis in der JuS 8/2015, 701 (704). Dort schreibt Mosbacher:

Auf die Anfrage des 2. Strafsenats des BGH haben alle anderen Strafsenate des BGH erklärt, dass sie die vom 2. Strafsenat verlangte „qualifizierte“ Belehrung nicht für erforderlich erachten. Deshalb wird nunmehr auf Vorlage des 2. Strafsenats der Große Senat für Strafsachen des BGH gem. § 132 GVG über diese Rechtsfrage entscheiden und sich nicht nur mit der „qualifizierten“ Belehrung, sondern auch mit der Vorfrage beschäftigen müssen, ob es überhaupt dabei bleiben soll, dass die ermittlungsrichterliche Vernehmung in solchen Konstellationen verwertbar bleibt.

Erste Frage: Was heißt „deshalb wird nunmehr […] der Große Senat für Strafsachen des BGH […] entscheiden“? Ist das eine faktische Prognose oder besteht eine Pflicht des Großen Senats zu entscheiden?

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Cybermobbing als Körperverletzung?

Am 23.07.2015 hatte „Donnerstalk“ mit Dunja Hayali im ZDF Premiere. Man kann (und sollte vielleicht auch) nicht die juristischen Begleitreflexe ausschalten, wenn man Talk-Shows anschaut. Unter Umständen sollte man bei solchen Gelegenheiten sogar bewusst die juristische Aufmerksamkeit trainieren. Die Gelegenheit dafür war in Minute 39:50 gekommen. Da sagte nämlich die Moderatorin:

Jetzt ist es in Österreich seit ein paar Tagen so, da gibt es ein neues Gesetz, und zwar wird da Cybermobbing mittlerweile als Körperverletzung angesehen.

Cybermobbing als Körperverletzung?

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Was tun bei Aufbaufragen in Klausuren, wenn selbst Professoren uneinig sind?

In Klausuren steht man immer wieder vor Aufbaufragen, die man aber bekanntlich in der Klausur nicht diskutieren darf. Man soll sich vielmehr für einen Weg entscheiden, der den Korrektor dann hoffentlich überzeugt. Murmann fasst dieses Prinzip in der JA 2012, 728 (732) wie folgt zusammen:

Auch wenn man zu Aufbaufragen durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann, werden die unterschiedlichen Aufbaumöglichkeiten im Gutachten nicht diskutiert. Dahinter steht der Gedanke, dass ein Aufbau selbsterklärend sein muss und deshalb keiner Erläuterung bedarf.

FischNun zu einem konkreten Aufbauproblem, das sich in nicht wenigen Klausuren stellen wird:

Soll/Darf man, wenn tatbezogene Mordmerkmale vorliegen, die vom Vorsatz des Teilnehmers gedeckt sind, die Problematik der §§ 28, 29 StGB ansprechen?

 

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