Archiv für Strafrecht

Nicht ohne meine Obersätze …

Heute betrachten wir die Fall-Bearbeitung „(Original-)Referendarexamensklausur – Strafrecht: Erpressung, versuchter Rücktritt und Tankkartenmissbrauch“ von Bernd Hecker im JuS-Probeexamen 2015, S. 36ff.

Auffällig ist, dass die Lösung ohne Obersätze auskommt. Dazu ein paar Beispiele.

Auf Seite 37 lesen wir:

A. Geschehen im Wohnmobil

I. §§ 253 I, 255 StGB – Abnötigen eines Forderungsverzichts

1. Objektiver Tatbestand

a) A muss mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gedroht haben.

Ebenfalls auf Seite 37 heißt es:

II. §§ 253 I, 255 StGB – Abnötigen einer geldwerten Dienstleistung

1. Objektiver Tatbestand

a) Der von §§ 253 I, 255 geforderte Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels liegt vor (s.o.).

Oder auf Seite 39:

B. Vorfall in der Wohnung der Eheleute A und E

I. §§ 212 I, 22 StGB

1. Tatentschluss

Als A der E mindestens fünf wuchtige Schläge mit der Schneideseite der Machete gegen Oberkörper, Arme und Hände versetzte, nahm er laut Sachverhalt billigend in Kauf, dass E durch die Schläge auch getötet werden könnte.

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Versuchsbeginn und die Teilverwirklichungslehre

Heute ein Beispiel dafür, worauf man bei der Prüfung des Versuchsbeginns in einer Strafrechtsklausur achten sollte. Manuel Ladiges schreibt dazu in der JuS 2014, 1095 (1097):

H muss iSv § 22 unmittelbar zum Betrug angesetzt haben. Dies könnte vor dem Hintergrund, dass sie erst am Folgetag den Kaufpreis von A erhalten sollte, zweifelhaft sein. Allerdings setzt der Täter stets unmittelbar an, wenn er bereits einen Teilakt des objektiven Tatbestands verwirklicht hat. Dies ist der Fall, denn H hat bereits die Täuschungshandlung gegenüber A vorgenommen.

Für diese These zum Versuchsbeginn bezieht sich Ladiges u.a. auf Rengier, Strafrecht AT, 2013, § 34 Rn. 29. Dort heißt es aber nicht so, wie Ladiges formuliert, sondern:

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Eine kleine Geschichte rund um die ungleichartige Wahlfeststellung

LichtKein Aprilscherz! Die schönsten Geschichten schreibt das Leben selbst. Hier ist ganz aktuell eine solche.

Gestern bin ich im Internet über eine Information zur ungleichartigen Wahlfeststellung für Jura-Studierende gestolpert. Da stand, der 2. Senat habe Anfang 2014 dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt, ob die ungleichartige Wahlfeststellung verfassungswidrig sei. Und ein ansprechendes Video zum gleichen Thema war auch mit dabei. Hallo, dachte ich, habe ich da etwas verpasst?

 

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„Schuldig“ oder „Strafbar“?

In der RÜ 2/2015 werden im Strafrechtsteil von Johannes Hellebrand in der gleichen Fall-Lösung die Formulierungen „strafbar“ und „schuldig“ verwendet.

A ist einer Nötigung schuldig.

(Seite 103).

A könnte einer versuchten gefährlichen Körperverletzung, §§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2, 22, 23 StGB schuldig sein.

(Seite 103; zum Normzitat siehe bereits diesen Beitrag).

A ist wegen versuchter Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 2, 22 StGB strafbar.

(Seite 104).

A ist einer versuchten Sachbeschädigung schuldig.

(Seite 104).

Warum manchmal „strafbar“, warum manchmal „schuldig“?

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Worauf man bei Normzitaten im Strafrecht achten sollte, wenn Qualifikationen geprüft werden…

In der RÜ 2/2015 werden Qualifikationen wie folgt zitiert:

V, H, Z und G könnten sich wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten schweren Bandendiebstahls gemäß §§ 244 a Abs. 1 Var. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht haben.

(Patrick Rieck, RÜ 2015, Seite 101).

A könnte einer versuchten gefährlichen Körperverletzung, §§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2, 22, 23 StGB schuldig sein.

(Johannes Hellebrand, RÜ 2015, Seite 103).

A könnte sich wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, §§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 2 Nr. 1 StGB, strafbar gemacht haben.

(Johannes Hellebrand, RÜ 2015, Seite 105).

Was könnte man bei diesen Obersätzen möglicherweise verbessern?

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