Archiv für Zivilrecht

Kündigung alter Bausparverträge, oder: Pressemitteilungen und Urteilsgründe – Eine endlose Geschichte?

Das war ja schon einmal ein Thema hier, die Frage nämlich, ob man eine juristische Debatte gestützt auf Pressemitteilungen der Gerichte beginnen kann, bevor die Urteilsgründe vorliegen. Dazu gibt es nun erneut ein Anschauungsbeispiel in Sachen „Kündigungsrecht der Bausparkassen bei Altverträgen“.

Am 21. Februar dieses Jahres verhandelte der XI. Zivilsenat des BGH zu der Frage, ob Bausparverträge durch die Bausparkasse gekündigt werden können, wenn diese nach Zuteilungsreife weiter bespart werden.

Am gleichen Tag veröffentlichte der BGH eine Pressemitteilung, die wie folgt begann:

Nr. 21/2017

Bundesgerichtshof bejaht Kündigungsrecht einer Bausparkasse zehn Jahre nach Zuteilungsreife

Urteile vom 21. Februar 2017 – XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei im wesentlichen Punkt parallel gelagerten Revisionsverfahren entschieden, dass eine Bausparkasse Bausparverträge gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB* in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden a.F.) – jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB** – kündigen kann, wenn die Verträge seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, auch wenn diese noch nicht voll bespart sind.

Da musste man denken, dass nun ausnahmslos Folgendes gilt:

Wenn Bausparverträge seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, hat die Bausparkasse ein Kündigungsrecht.

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„tres faciunt collegium“: Ein simuliertes Prüfungsgespräch zum Vereinsrecht

Es soll ja vorkommen, dass Prüferinnen und Prüfer sich durch die Lektüre der FAZ thematisch für das Prüfungsgespräch inspirieren lassen. Und genau deswegen soll es auch vorkommen, dass Kandidatinnen und Kandidaten im Angesicht der mündlichen Prüfung die FAZ konsultieren.

Als Einstieg in ein FAZ-inspiriertes Prüfungsgespräch, das im Folgenden – ohne Realisierungsgarantie 😉 – simuliert werden soll, bietet sich folgendes Zitat an:

Tres faciunt collegium – erst zu dritt lohnt es sich. In den Digesten – der spätantiken Rechtssammlung – wird als Grundsatz festgehalten, dass mindestens drei Personen nötig sind, um eine Gesellschaft zu bilden. Zwei für sich allein sind für das Handelsgeschäft zu wenig: Es braucht den Dritten, damit der Vertrag Wirkung und Geltung bekommt. 

(Simon Strauss, FAZ, 13.04.2017, S. 11 „Solo für einen Schauspieler: Theater ohne Volk“ [Trotz der folgenden kleinen Nörgelei ist der geistreiche Beitrag sehr zur Lektüre zu empfehlen.])

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Unternehmensbezogenes Geschäft als Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip

Anne-Christin Mittwoch und Stefan Daniel schreiben im JuS-Probeexamen 2016, 27 (31):

B bestellte am 1.12.2011 Büromöbel und Technik für die zehn neu eingestellten Mitarbeiter der OHG. Hierin liegt eine eigene Willenserklärung des B. Zwar handelte er nicht ausdrücklich im Namen der OHG, jedoch ergibt sich die Geschäftsbezogenheit seines Handelns aus den Umständen, so dass eine Ausnahme vom Offenkundigkeitsgrundsatz gem. § 164 II in Gestalt eines unternehmensbezogenen Geschäfts vorliegt.

Dazu heißt es in Fußnote 22:

Näher zu Offenkundigkeitsprinzip sowie zu dessen Ausnahmen, Lorenz, JuS 2010, 382.

Doch geht es wirklich um § 164 II BGB? Und ist das unternehmensbezogene Geschäft tatsächlich eine Ausnahme vom Offenkundigkeitsgrundsatz?

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Frauenfußball = Männerfußball?

Nun haben wir es also amtlich: Im Frauenfußball gelten dieselben rechtlichen Regeln wie im Männerfußball. Zu entnehmen ist dies einer Pressemitteilung des OLG Hamm, die diesbezüglich folgendes ausführt:

Verletzt sich eine Spielerin beim Frauenfußball im Rahmen eines im
Kampf um den Ball geführten, üblichen Zweikampfs, stehen ihr keine
Schadenersatzansprüche gegen die andere am Zweikampf beteiligte
Spielerin zu. Es gelten die höchstrichterlichen Haftungsregeln bei
sportlichen Wettkämpfen mit erheblichem Gefahrenpotential, die auch im Männerfußball Anwendung finden. Ausgehend hiervon hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Hinweisbeschluss vom 22.12.2016 der Berufung einer klagenden Spielerin gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen keine Erfolgsaussichten beigemessen. Die klagende Spielerin hat die Berufung darauf hin am 16.01.2017 zurückgenommen.

(Hervorhebung nicht im Original)

Erstaunt reibt man sich die Augen.

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Immer wenn nach vertraglichen Herausgabeansprüchen § 985 BGB angesprochen wird …

Denise Wiedemann prüft in der JA 2016, 494 ff sowohl einen vertraglichen Herausgabeanspruch aus § 546 I BGB als auch einen dinglichen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Dazu schreibt sie:

V könnte gegen N ein Anspruch auf Räumung der Wohnung aus § 546 I BGB zustehen.

[…]

V hat keinen Räumungsanspruch.

(JA 2016, 494 u. 497 )

Ein Anspruch aus § 985 BGB scheidet aus, weil N nunmehr ein Besitzrecht aus dem Mietvertrag zusteht (§ 986 I 1 BGB).

(JA 2016, 497)

Für uns lautet die Frage jetzt: Wie könnten wir diese Lösung noch besser machen?

Tipp: Es handelt sich um eine Problematik, die wir immer ansprechen können, wenn wir nach einem vertraglichen Herausgabeanspruch auf § 985 BGB eingehen wollen.

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