Archiv für Zivilrecht

„Sommer unseres Lebens“

Man stelle sich folgenden Prüfungsdialog vor:

Prüfer: Sagt Ihnen das BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“ etwas?

Prüfling: Ja.

Prüfer: Könnten Sie kurz den wesentlichen Inhalt zusammenfassen?

Prüfling: Anbieter von offenen W-Lans müssen für ihre Nutzer haften, sollten die illegal Musik oder Filme herunterladen. Damit müssen sie für alles geradestehen, was nicht anderen Leuten angelastet werden kann.

Prüfer: Woher haben Sie denn das?

Prüfling: Aus der FAZ.

Prüfer: ???

Da der Prüfling (in dem fiktiven Prüfungsdialog) wirklich aus der FAZ zitiert hat, sich aber ein Statement dieser Art wohl im Prüfungsverlauf nicht besonders günstig auswirken würde, empfiehlt sich eine genauere Betrachtung der Sachlage.

Weiterlesen

AGG-Prüfung

Tobias Wirtz stellt in der RÜ 2015, 222ff die Entscheidung des BAG, Urteil vom 21.10.2014, 9 AZR 956/12 vor. Dabei bewertet er das Urteil auf Seite 225 wie folgt:

Tor

Die Falllösung erfordert eine komplette AGG-Prüfung, die keine vertieften Vorkenntnisse voraussetzt, aber den Prüflingen eine anspruchsvolle und umfangreiche Argumentation abverlangt. Kurzum: eine perfekte Vorlage für eine Examensklausur.

Wenn wir nun den Lösungsvorschlag von Wirtz betrachten, so wird deutlich, dass die erforderliche „komplette AGG-Prüfung“ leider nicht so vollständig ist, wie es in einer Klausur erforderlich wäre.

Betrachten wir den Aufbau von Wirtz, S. 222:

Ein diesbezüglicher Anspruch der K könnte sich aus §§ 1, 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 AGG ergeben.

[…]

1. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 AGG ist eine unmittelbare Benachteiligung gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt.

[…]

Damit liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 AGG vor.

2. Die Benachteiligung wegen des Alters könnte indes gerechtfertigt sein. Hier kommt eine Rechtfertigung gemäß § 10 AGG in Betracht.

Kann man so in die Prüfung einsteigen?

Weiterlesen

Ich will nicht der Autor sein ;-)

specialAm 08.06.2015 habe ich mich mit der „(Original-)Referendarexamensklausur – Zivilrecht: Allgemeines Schuldrecht und Arbeitsrecht – Außendienst“ beschäftigt, die im Jus-Probeexamen auf den Seiten 15ff. abgedruckt ist. Am 14.07. hat ein Leser in einem Kommentar zu diesem Beitrag darauf hingewiesen, dass die Urheberschaft der Fall-Lösung umstritten ist. Darüber hat dann am 16.07. auch die LTO berichtet.

Angesichts der Frage, wer was von wem wie übernommen hat, drohen die Inhalte der Musterlösung aus dem Blick zu geraten. Weil es sich um eine offizielle Musterlösung handelt, die Maßstab zur Korrektur vieler Examensklausuren war, habe ich die Fall-Bearbeitung nochmal näher analysiert.

Weiterlesen

„Allgemein zugänglich“

LeiterHeute soll es um die Frage gehen, was unter „allgemein zugänglich“ zu verstehen ist, ein Begriff, der in verschiedenen Rechtsgebieten eine Rolle spielt. Ausgangspunkt dafür ist ein Zitat aus dem Lehrbuch „Datenschutzrecht“ von Kühling/Seidel/Sivridis (2. Auflage 2011), S. 144 zu § 28 I 1 Nr. 3:

Eine Informationsquelle ist allgemein zugänglich, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d.h. einem individuell bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.

In der Fußnote 322 wird dann auf BVerfGE 27, 71 (83) verwiesen. Was fällt bei dem Zitat auf?

Weiterlesen

steakholder vs. stakeholder

Der Begriff „stakeholder“ wurde ursprünglich in der Betriebswirtschaftslehre geprägt (http://de.wikipedia.org/wiki/Stakeholder). Mittlerweile verwenden auch Juristen diesen Begriff mit der Folge, dass man damit rechnen muss, in juristischen Prüfungskontexten darauf angesprochen zu werden. Eine Arbeitsdefinition lautet wie folgt:

stakeholder sind alle natürlichen oder juristischen Personen (inkl. der
shareholder), die ein Interesse am Bestand, der Entwicklung und dem
Erfolg eines Unternehmens haben.

Jürgen Ernstberger, Grundlagen der Corporate Governance,
(http://www.ruhr-uni-bochum.de/accounting/Grafiken/Dokumente/CG1112-Vorlesung-1_blackboard.pdf, Folie 27)

Gut zu merken.

Neben diesen „stakeholdern“ ist aber auch eine andere Gattung unterwegs:

Weiterlesen