Archiv für Zivilrecht

GmbH & Co. KG – Verständnis durch systematische Einordnung

In der RÜ 12/2014, S. 764ff bespricht Nissen einen Fall, in dem es um eine GmbH & Co. KG geht. Ich möchte hier den Fall nicht im Einzelnen durchgehen, sondern nur auf eine Ungenauigkeit in der Lösung hinweisen. Hat man diese erkannt ist auch die systematische Einordnung der GmbH & Co. KG verstanden.

Nissen schreibt auf S. 765:

Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG vom 05.07.2011 sind mit den Stimmen von B und C gegen die Stimmen des A und damit nicht einstimmig gefasst worden. Sie sind deshalb unwirksam, wenn ein Einstimmigkeitserfordernis bestand oder sie aus einem sonstigen Grund als unwirksam anzusehen sind.

I. Nach § 119 Abs. 1 HGB müssen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft im Grundsatz einstimmig gefasst werden.

Wo sehe ich die Ungenauigkeit?

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Augen auf bei der Qualifizierung des Vertrags mit dem Arzt!

kuhHeute möchte ich den Beitrag von Sebastian Homeier in der JuS 2015, S. 230ff betrachten. Es handelt sich um eine Anfängerklausur im Zivilrecht mit Lösungsvorschlag.

Zunächst ein Blick in die für uns entscheidende Passage des Sachverhalts, S. 230:

[…] P, der beruflich als Arzt tätig ist und gerade auf dem Weg zu einem Hausbesuch bei einem Patienten ist, erkennt die Lage. […] Daher versorgt P nun den um Hilfe rufenden M. Dieser hat zwar relativ starke Schmerzen, aber keine schwerwiegenden Verletzungen. M hat auf Grund der Attacke des B lediglich einige Prellungen und Schürfwunden davongetragen, die P mit einer Wundsalbe versorgt.

Die Frage ist nun, ob P Ersatz für die verbrauchte Salbe und Behandlungskosten geltend machen kann. Zunächst muss an einen vertraglichen Anspruch gedacht werden. Dazu führt Homeier in der gutachterlichen Vorüberlegung auf S. 231 aus:

Bei der Prüfung von Ansprüchen des P gegen M ist ein vertraglicher Anspruch in Betracht zu ziehen. Zu erkennen ist hierbei, dass ein Arztvertrag als Dienstvertrag einzuordnen ist.

In der Fall-Lösung auf S. 232 schreibt er dann:

P könnte ein vertraglicher Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit und den Einsatz der Salbe gem. § 611 I gegenüber M zustehen. Der Arztvertrag stellt ein dienstvertragliches Schuldverhältnis dar, da der Arzt nur zur Behandlung aber nicht zur Herbeiführung eines Erfolgs verpflichtet ist.

Ist das wirklich richtig so?

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„Mindestlohn-Haftung verunsichert Firmen“

Heute mal ein Blick in Der Betrieb, 8/2015, S. M9:

Mindestlohn-Haftung verunsichert Firmen

[…] Eine Firma, die einen Auftrag annimmt und Teilaufträge an Subunternehmen vergibt, haftet für die Einhaltung der Lohnuntergrenze in der gesamten Leistungskette. […] ‚Uns werden seit dem Jahreswechsel stapelweise Schreiben vorgelegt, mit denen Firmen versuchen, sich gegen Haftungsrisiken beim Mindestlohn abzusichern‘, berichtet Arbeitsrechtler Thomas Ubber, Partner bei der Kanzlei Allen Overy.

Bei der Lektüre erinnert man sich dunkel daran, dass in der Vorlesung „Handelsrecht“ immer gegen die Verwechslung der Begriffe „Firma“ und „Unternehmen“ zu Felde gezogen wurde.

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„Nicht so berechtigter Besitzer“ – wie man ihn in einer Klausur unterbringen kann

In der JuS 2015 befindet sich auf den Seiten 156ff eine Fall-Lösung von Nikolas Klein, die mit „(Original-)Referendarexamensklausur – Zivilrecht: Anwaltshaftung, Mietrecht und Zivilprozessrecht – Der untätige Rechtsanwalt“ betitet ist.

Zunächst ein kurzer Blick in den Sachverhalt, Seite 156:

W hat eine Wohnung an M vermietet. Nachdem M ausgezogen ist, findet eine Wohnungsübergabe statt, bei der W feststellt, dass die Wohnung in keinem guten Zustand ist. Wörtlich heißt es:

Außerdem sind im Bad die Toilette und das Waschbecken, die erst vor dem Einzug von M erneuert worden waren, beschädigt worden. Offensichtlich hat man auf die Toilette und das Waschbecken Gegenstände fallen lassen, denn sie weisen so erhebliche Sprünge und Absplitterungen auf, dass sie nicht mehr benutzbar sind.

Nun könnte man (neben vielen anderen Ansprüchen, die in der Fall-Lösung angesprochen werden) an ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis denken. Dazu heißt es in dem Lösungsvorschlag auf Seite 159:

(cc) Schadensersatz für Waschbecken und Toilette gem. §§ 989, 990 BGB – 2920 Euro. Ein Inhaltsgleicher Schadensersatzanspruch des W gegen M gem. §§ 989, 990 BGB scheitert bereits daran, dass zum Zeitpunkt der Beschädigungen wegen des Besitzrechts des M gegenüber W kein EBV bestand.

pusteblumeIm Zeitpunkt der schädigenden Handlung, also der Beschädigung von Waschbecken und Toilette, bestand zwischen W und M ein Mietvertrag, § 535 BGB, sodass W zwar Eigentümer und B Besitzer war, jedoch hatte B ein Recht zum Besitz, § 986 I 1 BGB. Damit besteht unmittelbar kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zwischen W und M, denn dieses regelt nur das Verhältnis zwischen Eigentümer und unberechtigtem Besitzer.

Möglicherweise gibt es aber einen Gedanken, den man an dieser Stelle noch ansprechen könnte. Richtig: Die Figur des „nicht-so-berechtigten Besitzers“. Worum geht es dabei?

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Probleme beim Internethandel – Probleme mit neuem Recht …

RatlosIn der JA 2014, 687ff findet sich in der Kategorie „Übungsblätter Referendare“ eine Klausur von Jäckel, die mit „Probleme beim Internethandel“ betitelt ist. Die Klausur spielt im Jahre 2013. Leider wird die Klausur auch auf dem Rechtsstand von 2013 gelöst. Sachlich ist das natürlich richtig, wie man Art. 229 § 32 I EGBGB entnehmen kann:

§ 32 Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung

(1) Auf einen vor dem 13. Juni 2014 abgeschlossenen Verbrauchervertrag sind die Vorschriften dieses Gesetzes, des Bürgerlichen Gesetzbuchs, […] in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden.

Das bringt für Studenten, und auch Referendare Probleme mit sich. Man soll im eigenen Interesse immer mit einer aktuellen Gesetzessammlung arbeiten – da sind die alten Normen aber nicht abgedruckt. Zudem möchte man doch gerade jetzt, wo das Recht sich erst geändert hat, die neue Rechtslage einstudieren und nicht in der Vergangenheit verweilen.

Im BGBl I 2013, 3642ff sieht man, dass es Veränderungen gegeben hat:

Wenn Jäckel in der JA 2014, 687 (691) zB von einem Fernabsatzvertrag iSv § 312b I BGB spricht oder einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nach § 360 I BGB, so handelt es sich um Normen, die wir aktuell im BGB nicht an dieser Stelle finden.

Gehen wir die Paragraphen im Jäckel-Beitrag der Reihe nach durch:

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