Was bedeutet „Schrittgeschwindigkeit“?

Kostenlose juristische Aufklärung bekommt man in den Mitteilungsblättern der Stadt, in meinem Fall den „Blieskasteler Nachrichten“. In der Ausgabe vom 4. September 2015 (Nr. 36/2015) findet man in diesem Sinne einen Hinweis zur Schrittgeschwindigkeit (S. 5):

Unangepasste Geschwindigkeit in verkehrsberuhigten Bereichen

Aufgrund von vermehrten Beschwerden aus der Bevölkerung, macht das Ordnungsamt auf folgende Rechtslage aufmerksam:
In einem verkehrsberuhigten Bereich (blaue Schilder mit Personen, Auto und Haus) dürfen Fußgänger die gesamte Straße benutzen. Fahrzeuge dürfen in diesem Bereich nur mit Schrittgeschwindigkeit (max. 7 km/h) fahren. Bei allgemeinen Geschwindigkeitsmessungen wurde mehrfach festgestellt, dass diese Geschwindigkeit fast immer überschritten wird. Bisher kam es noch nicht zu Geschwindigkeitskontrollen in diesem Bereich.
Die Autofahrer werden gebeten, dort nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit zu fahren.

[…]

Das Ordnungsamt appelliert an die Fahrzeugführer, sich an die vorgegebene Geschwindigkeit zu halten.

Erinnerungen an die Fahrschulzeit werden wach. Hatte nicht der Fahrlehrer beim Durchfahren des nächsten verkehrsberuhigten Bereichs etwas von 7 – 12 km/h gesagt? Oder sollte man „Schrittgeschwindigkeit“ wörtlich nehmen, was dann auf ca. 4 km/h hinausliefe?

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Als 100. Beitrag diesmal leichte Kost: Das Herzchen als i-Punkt

In dem folgenden Beitrag kann ich mich nur auf eine Zeugenaussage berufen. Diese hat zum Inhalt, dass ein Professor sich aktuell in einer Veranstaltung über folgendes beklagt habe:

Er sehe in letzter Zeit häufig Klausuren, in denen das i statt mit einem i-Punkt mit einem kleinen Herzchen versehen sei. Und das amüsiere ihn nicht. Allerdings sei seine Warnung eigentlich überflüssig. Denn die guten Kandidatinnen und Kandidaten täten so etwas eigentlich nicht, während die schlechten ohnehin beratungsresistent seien.

Es soll nun nicht über die Binnenlogik dieses professoralen Plädoyers nachgedacht werden, aber ein wenig doch über das i mit Herzchen-Phänomen, das es ja wirklich gibt.

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Die Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen: Ein klausurenpraktischer Tipp

In dem Aufsatz von Alexander Stöhr und Torben Illner in der JuS 2015, 299ff ist mir zusätzlich zu meinem Beitrag bezüglich des „Blue-pencil-Tests“ eine weitere Ergänzung aufgefallen, die man vornehmen könnte.

Auf Seite 299 schreiben die Autoren:

II. Historische Entwicklung

Während die Notwendigkeit einer arbeitsvertraglichen Inhaltskontrolle inzwischen weitgehend anerkannt ist, unterlag der Maßstab einem mehrfachen Wandel und ist auch heute noch umstritten. Seit einer Entscheidung des BGH im Jahr 1956 orientierte sich die Rechtsprechung am Maßstab von Treu und Glauben iSv § 242. Das 1977 vom Gesetzgeber eingeführte AGBG als spezialgesetzliche Inhaltskontrolle von Verträgen schied auf Grund der Bereichsausnahme des § 23 I AGBG als Maßstab für eine Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen aus.

Wir lernen hier also, dass das frühere AGBG in § 23 eine Bereichsausnahme für Arbeitsverträge enthielt. Werfen wir einen Blick in die Norm:

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Bedingungsfeindlich, unwiderruflich, unanfechtbar: Umkehrschluss richtig?

DreiklangTristan Barczak schreibt in der JA 2014, 778ff über „Klageänderung, Klagerücknahme und Erledigung des Rechtsstreits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren“. Obwohl der Aufsatz in der Kategorie „Übungsblätter Referendare“ steht, handelt es sich um einen Text, der zugleich für Studenten verständlich und nachvollziehbar geschrieben ist. Insbesondere die Bezüge zur ZPO helfen, die entsprechenden Rechtsinstitute auch in diesem Kontext zu wiederholen.

In Bezug auf einen Punkt hat mich der Aufsatz allerdings etwas verunsichert. Dazu die folgenden Zitate:

Auf Seite 780 steht zur Klageänderung:

Die Einwilligung ist als Prozesshandlung unwiderruflich und bedingungsfeindlich; […].

Danach heißt es, ebenfalls auf Seite 780, zur Klagerücknahme:

Bei der Klagerücknahme handelt es sich um eine bedingungsfeindliche, unwiderrufliche und unanfechtbare Prozesshandlung

Und dann auf Seite 782 zur übereinstimmenden Erledigungserklärung:

Die Erledigungserklärung ist als Prozesshandlung unanfechtbar und bedingungsfeindlich – sie kann insbes. nicht hilfsweise abgegeben werden –, jedoch solange widerruflich, wie sich der Beklagte ihr nicht angeschlossen hat, da bis zu diesem Zeitpunkt die Prozesslage noch nicht abschließend mit konstitutiver Wirkung umgestaltet ist.

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§ 14 Abs. 1 HeimG: Augen auf beim Landesrecht!

Ute Brenneisen, Familien- und Erbrecht, 3. Auflage 2015, Rn. 333 schreibt:

Ein Verstoß gegen § 14 HeimG und damit eine Nichtigkeit nach § 134 liegt vor, wenn der durch eine letztwillige Verfügung Bedachte ein Pflegeheim oder ein Pfleger ist. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 HeimG untersagt dem Heimträger u.a., sich von oder zugunsten von Heimbewohnern Geld- oder geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen. Die Vorschrift des § 14 HeimG ist geschaffen worden, weil bei einem Heimbewohner das Risiko hoch ist, dass die Verfügung von Todes wegen nicht auf einem freien Willensentschluss des Erblassers beruht. In diesem Fall verstößt die letztwillige Verfügung gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134.

Betrachten wir also § 14 Abs. 1 HeimG:

Dem Träger ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern oder den Bewerberinnen und Bewerbern um einen Heimplatz Geld- oder geldwerte Leistungen über das nach § 5 vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.

Aber können wir § 14 Abs. 1 HeimG heute noch anwenden?

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