Zwischen § 1 UWG und § 1 GWB: Wo sind die Rundfunkanstalten?

Heute mal wieder eine juristische Denksportaufgabe zum Test auf die Geistesgegenwart bei der Lektüre. In der JuS 2016, 86 (87 f) lesen wir:

II. Danach wendet sich der BGH der Frage zu, ob die Kündigung des Vertrags wegen Verstoßes gegen § 1 UWG unwirksam sein kann. Nach dem Vortrag der Kl. habe der Bekl. mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vereinbart, den Einspeisevertrag vom 27.2.2008 zu kündigen und keinen neuen Einspeisevertrag abzuschließen. Die Kl. habe weiter vorgetragen, der Bekl. habe die Kündigung des Einspeisevertrags in Vollzug dieser Absprache erklärt. Ein Verstoß scheitere nicht daran, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Vertrag gemeinsam abgeschlossen hätten. Der Bekl. habe nämlich nicht geltend gemacht, dass der Vertrag nur gemeinsam gekündigt werden konnte. Daher sei die vom Bekl. ausgesprochene Kündigung des Einspeisevertrags wegen Verstoßes gegen § 1 UWG unwirksam, wenn er den Entschluss hierzu nicht auf Grund einer autonomen Entscheidung gefasst, sondern in Vollziehung der kartellrechtswidrigen Absprache gehandelt habe.

Was ist hier nicht in Ordnung?

Wie häufig ist der erste Schritt zur Problemlösung der, dass man die genannte Norm nachliest. § 1 UWG lautet:

Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

Man sieht sofort, dass dieser Paragraph nicht der richtige sein kann. Das war gewissermaßen der destruktive Teil der Lösung. Schwieriger ist der konstruktive Teil, wenn man nicht gleich im BGH-Urteil nachschlagen will. Hier hilft der Hinweis auf das Kartellrecht, um die Assoziationskette hin zum GWB auszulösen. Sollte vielleicht § 1 GWB gemeint sein? Dieser lautet:

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

Diese Bestimmung passt in die Argumentation und auf sie bezieht sich auch der BGH, Urt. v. 16.6.2015, KZR 3/14, Rn. 52:

II. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung sei nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam, hält dagegen der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Trotz dieses kleinen Schönheitsfehlers in der Urteilsanmerkung kann diese zur Lektüre empfohlen werden.

Zugleich kann man diese kleine Verwechslung zum Anlass nehmen, sich wieder einmal die Abgrenzung zwischen UWG und GWB mit einer populären „Faustformel“ vor Augen zu führen:

  • Das UWG schützt das „Wie“ des Wettbewerbs.
  • Das GWB schützt das „Ob“ des Wettbewerbs.

 

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