Wettbewerbs-Mirakel rund um Mirácoli: Ätsch, doch nicht gratis!

Jetzt habe ich gerade meine Seminararbeit zum Thema „Cashback-Aktionen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht“ abgegeben – und schon kommt der nächste Fall um die Ecke. Also muss mein Blog für eine „Nachlieferung“ herhalten.

Im Einzelhandel sind seit einigen Tagen Mirácoli-Soßen mit der Werbebotschaft „GRATIS testen!“ erhältlich:

miracoli-glas
 

 

 

Diese Werbebotschaft wird ergänzt um den Zusatz „Einlöseschluss: 30.09.2016.“

miracoli-gratistesten

 

 

 

Links daneben ist – allerdings in sehr kleiner Schrift – zu lesen: „Produkt kaufen. Bon auf www.miracoli.de hochladen. Geld zurück erhalten. Maximal 3 Produkte pro Haushalt.“

miracoli-detail

 

 

 

 

Nun das Problem. In den Teilnahmebedingungen heißt es unter 3.:

Aktionszeitraum, Teilnahmemöglichkeiten

Zur Teilnahme an der Geld- zurück- Garantie müssen Sie vom 20.06.2016 bis zum 30.09.2016 im teilnehmenden Handel Miracoli® Saucen […] kaufen und ein gut lesbares Foto des Kassenbons online unter Angabe Ihrer E-Mail-Adresse, Anschrift und Kontodaten und Ihres Geburtsdatums auf www.miracoli.de hochladen. […]

Es sind also Mirácoli-Produkte mit dem Hinweis „GRATIS testen!“ im Handel erhältlich, ohne dass sich auf ihnen irgendein Hinweis auf den erst späteren Beginn der Aktion finden ließe. Nun zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung.

Einschlägig ist § 3 Abs. 3 UWG iVm Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG:

§ 3 UWG – Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen

Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

 

Anhang (zu § 3 Abs. 3 UWG)

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind

[…]

21. das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleistungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung unvermeidbar sind;

Also subsumieren wir: Angeboten werden die Mirácoli-Soßen als „gratis“ zu einem Zeitpunkt, in dem die Erstattung des Kaufpreises laut den Teilnahmebedingungen noch nicht stattfindet. Am Produkt findet sich weder ein Hinweis auf den Start der Aktion noch ein Hinweis auf die Teilnahmebedingungen. Vielmehr ist ausdrücklich nur das Ende der Aktion mit dem 30.09.2016 angegeben. Folglich sind von dem Verbraucher, der im Vertrauen auf die Gratis-Aktion das Produkt erworben hat, Kosten in Gestalt des von ihm gezahlten Kaufpreises zu tragen. Dass man es mit diesem Ätsch-Effekt zu tun hat, beweist die Mail, die Mirácoli laut SweetFinny90 aktuell verschickt:

Leider haben Sie die Produkte bereits vor / erst nach dem Aktionszeitraum (20.06. –30.09.2016) erworben. Aus diesem Grund ist es uns leider nicht möglich, Ihnen den Kaufpreis zu erstatten.

Also: Unzulässige geschäftliche Handlung seitens Mirácoli. Dieses Ergebnis hilft nun allerdings den betroffenen Verbrauchern zunächst nicht weiter, da diesen im UWG die Aktivlegitimation fehlt.

Doch gibt es für die Verbraucher nicht vielleicht auf andere Weise die Möglichkeit, den Kaufpreis zurück zu erhalten? Das lässt sich so konstruieren:

  1. Auslobung iSv § 657 BGB durch Mirácoli in Form des Aufdrucks „GRATIS testen!“ verbunden mit der Erwartung einer Handlung (Hochladen des Kassenbons)
  2. Vornahme der Handlung durch den Verbraucher

Die entgegenstehenden Teilnahmebedingungen sind nicht wirksam einbezogen worden, da sie auf dem Etikett überhaupt nicht genannt werden.

Rechtsfolge: Anspruch auf die ausgelobte Belohnung, dh Erstattung des Kaufpreises auch vor Beginn des in den Teilnahmebedingungen genannten Zeitraumes.

Update 1:

Inzwischen hat Mirácoli reagiert:

miracoli-facebook

 

 

 

Das hilft aber den Verbrauchern nichts, die vor dem 20.06.2016 die betreffenden Produkte erworben und dann nach Aufruf der Webseite www.miracoli.de resigniert hatten. Denn dort stand ja für sie (und steht immer noch):

miracoli-webseite

 

Es bleibt also unlauter (und werbetechnisch kontraproduktiv), vor Beginn der Aktion am 20.06.2016 „GRATIS testen!“-Produkte in Umlauf gebracht zu haben, für die dann online die Erstattung ausgeschlossen wird. Die dadurch erzielte Anlockwirkung ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen, weil nicht mehr alle betroffenen Verbraucher informiert werden können.

Update 2:

Mirácoli hat mir folgendes geschrieben:

miracoli-facebookantwort

 

Ich finde es schön, dass Mirácoli nunmehr diese Politik hat. Mir ging es aber auch um die Verbraucher, die vor Beginn des Aktionszeitraums gekauft hatten und dann wegen des Textes auf der Mirácoli-Webseite irrtümlicherweise meinten, sie hätten keine Chancen mehr auf Erstattung des Kaufpreises. Wie man das reparieren könnte, weiß ich leider nicht … .

10 comments

  1. Gamos sagt:

    Hallo lieber Verfasser,
    Deine Seminararbeit würde mich sehr interessieren, da ich mich gerade selbst intensiv mit dem Thema beschäftige. Wird die irgendwo erhältlich sein? Im Zweifel bei Dir?
    Viele Grüße,
    Gamos

  2. Xenia Müller sagt:

    Hallo Marie,
    ich bin gerade auf Deinen Eintrag hier gestoßen und finde das Thema sehr spannend. Besteht denn die Möglichkeit, Deine Seminararbeit lesen zu können? Das wäre toll.
    Herzliche Grüße
    Xenia

    • klartext-jura sagt:

      Hallo Xenia,
      dein Interesse an meiner Seminararbeit freut mich. Momentan warte ich noch auf die Bewertung der Arbeit. Danach stelle ich sie gerne zur Verfügung.
      Viele Grüße, Marie

  3. Anna sagt:

    Die Gläser, ohne Hinweis darauf, wann die Aktion abläuft, sind noch heute im Handel. Werde meins also zu REWE zurückbringen.

    • klartext-jura sagt:

      Danke für diesen Hinweis aus der Praxis. Es ist schon erstaunlich, dass nach Ablauf der Aktion noch Aktionsgläser ohne Hinweis auf das Ablaufdatum der Aktion in Umlauf sind. In meinem Beispiel war ja das Ablaufdatum auf das Etikett gedruckt, sodass man darüber informiert sein konnte. Vielleicht kannst Du hier einmal schreiben, wie REWE auf das Zurückbringen des Glases reagiert hat.

  4. Alexandra Röpnack sagt:

    Hallo,
    ich bin voll drauf reingefallen!
    Habe heute (zum ersten Mal) diese Gläser bei uns im Laden gesehen und zwei gekauft. Und ich habe sie WIRKLICH nur gekauft, weil ich sie kostenlos testen wollte. – Normalerweise kaufe ich nämlich eine andere Marke.

    Nun wollte ich mir das Geld zurückholen und stelle peinlich berührt und leicht verärgert fest, dass ich sehr viel genauer hätte hinschauen müssen. Denn meine Gläser sind auch noch aus der „bis zum 30.09.2016“-Aktion. Wir haben heute aber schon den 14.06.2017!!!
    Merke: Trau schau wem… Und immer schön bis zu Ende lesen. 30.09. ist ja noch lang hin – aber nur der 30.09.2017!

    Nun überlege ich, ob ich die Gläser trotzdem behalte oder ob ich sie zurückbringe. *grübel* Ich glaube, ich bin zu faul für den Aufwand und werde sie tatsächlich behalten. Womit dann Miracoli und / oder mein Supermarkt sein Ziel erreicht hätten. *grmpf*

    Viele Grüße,
    Alex aus Brunsbüttel

    • klartext-jura sagt:

      Im Jura-Studium habe ich den Satz gehört: „Wer liest gewinnt.“ Aber da Einkaufen ja kein Studium sein soll, ist es nicht besonders kundenfreundlich, überholte Cash-Back-Produkte im Laden zu lassen. Danke, dass Du uns an Deinem Erlebnis teilhaben lässt. 🙂

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