„Liebe vergeht, Hektar besteht!“

landschaft-grauMit diesen Worten erklärt Volker Looman in der FAZ vom 8. November 2016, S. 29 (Der große Unwille vor dem Letzten Willen) die Notwendigkeit, entgegen allen romantischen Vorstellungen bei der Eheschließung an einen Ehevertrag zu denken. Einen solchen hat auch in dem von Looman behandelten Fall der Ehemann mit seiner 20 Jahre jüngeren Ehefrau geschlossen. Über den Inhalt des konkreten Ehevertrages erfahren wir zwar nichts, wohl aber darüber, was allgemein vereinbart zu werden pflegt:

Darin wird geregelt, was wem gehört und wer wie gestellt wird, sollte die Ehe tatsächlich eines Tages in die Brüche gehen.

Traurigerweise verstarb der mittlerweile 70 Jahre alte Ehemann nach einem Herzinfarkt, was die Frau und die drei gemeinsamen Kinder im Looman’schen Fall zum Notar führte:

Nach einigen Wochen wurde das Testament eröffnet, und die Frau und die Kinder erfuhren aus dem Mund eines blässlichen Notars, dass der Ehemann und Vater keine Verfügungen getroffen hatte. Folglich galt das Gesetz, wie der Jurist sagt. Die Frau bekam die Hälfte, jedes Kind erhielt ein Sechstel.

Dazu muss man wissen, dass nur in Baden-Württemberg der Notar das Testament eröffnet. Nach § 38 des dortigen Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit ist Nachlassgericht das Notariat (allerdings nur noch bis zum 31.12.2017). Da die FAZ jedoch als überregionale Tageszeitung auch außerhalb von Baden-Württemberg gelesen wird, sei hinzugefügt, dass im Rest der Republik Testamente vom Amtsgericht als Nachlassgericht (§ 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG) eröffnet werden. Dort begegnet man also keinem „blässlichen Notar“.

Nun aber zur Sache selbst.

Weil keine Verfügung getroffen war, also mangels testamentarischer Anordnung, richtet sich die Erbfolge – wie zutreffend gesehen – nach den Regeln für die gesetzliche Erbfolge.

Ausgangspunkt ist § 1931 Abs. 1 S. 1 BGB:

Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen.

Für unseren Fall heißt das also: Die überlebende Ehefrau erhält neben den Kindern (Verwandte der ersten Ordnung, § 1924 Abs. 1 BGB) als Erbteil 1/4. Für die Kinder verbleiben damit zur Verteilung 3/4 des Erbes. Sie erben zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 4 BGB). Jedes Kind erhält also im Ergebnis – wie die Mutter – 1/4.

Allerdings gibt es eine Ausnahme, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft) gelebt haben. § 1371 Abs. 1 BGB bestimmt:

Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben.

Im konkreten Fall würde dies zu der von Looman beschriebenen Verteilung führen (Mutter 1/2, jedes Kind 1/6).

Allerdings ist in der von Looman angenommenen Ehekonstellation mit Ehevertrag schwer vorstellbar, dass „ein leicht ergrauter Mann mit viel Geld“, der mit einer 20 Jahre jüngeren Frau einen Ehevertrag schließt, es bei einer unmodifizierten Zugewinngemeinschaft belassen würde. So entlässt uns also der Looman’sche Fall mit einem Fragezeichen, bot aber die willkommene Gelegenheit, einige erbrechtliche Grundfragen zu thematisieren.

P.S. Wahrscheinlich ist es ironisch gemeint. Aber Looman möchte die Politiker aller Parteien davon überzeugen, „dass junge Menschen nach ihrem 25. Geburtstag innerhalb von 12 Monaten einen ‚Grundkurs für das Familienrecht‘ und einen ‚Aufbaukurs über das Erbrecht‘ besuchen müssen, um in späteren Jahren nicht unter die Räder zu geraten.“ Ein schönes Geschäftsmodell für Jura-Fakultäten auf der Suche nach Drittmitteln … .

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