Wettbewerbswidrige Gratis-testen-Aktion?

Heute geht es mit einem Jura-im-Alltag-Fall weiter. Folgendes Angebot steht dabei im Mittelpunkt unserer Betrachtungen:

Um was geht es dabei genau? „Glade by Brise“ ist ein Spray, das für angenehme Frische sorgen soll. Es besteht aus einer sog. Batterie und einem Nachfüller. Zur Veranschaulichung zunächst die „Batterie“:

Und jetzt die Nachfüll-Dose:

Dieses Produkt – und zwar „Batterie“ und Nachfüll-Dose zusammen – darf man aktuell gratis testen. Doch steht diese Aktion mit dem Wettbewerbsrecht im Einklang?

Zu tun haben wir es in normativer Hinsicht mit § 4 Nr. 4 UWG:

Unlauter handelt, wer

[…]

4. Mitbewerber gezielt behindert.

Der BGH definiert eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern wie folgt:

Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG [UWG a.F., M.H.] setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist.

Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können.

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen […].

(BGH, Urt. v. 22.01.2014, I ZR 164/12, GRUR 2014, 393, 395)

In Anwendung dieser Grundsätze wird das Verschenken von Waren als wettbewerbsrechtlich unbedenklich eingestuft, wenn es zu Probezwecken erfolgt und vom Probezweck tatsächlich gedeckt wird (dazu z.B. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 4 UWG, Rn. 5.18).

Jedoch ist bei Gegenständen, deren Verwendungszweck nicht im Verbrauch, sondern in der Benutzung liegt, der Erprobungszweck überschritten, wenn der jeweilige Gegenstand nicht nur zu einer kurzfristigen Gebrauchsüberlassung zur Verfügung gestellt wird (vgl. Eisenmann/Jautz, Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 2015, Rn. 398).

Bei dem Glade by Brise-Spray handelt es sich um eine Kombination aus Benutzungs- und Verbrauchsgegenstand. Der Zweck der Batterie ist auf dauerhafte Benutzung angelegt, während der Nachfüller verbraucht wird.

Ein insofern vergleichbares Produkt kann in dem Olaz Regenerist 3-Zonen-Reinigungssystem gesehen werden. Es besteht aus einem Reinigungssystem, das auf dauerhafte Benutzung angelegt ist, und aus regelmäßig zu wechselnden Bürstenköpfen, die somit verbraucht werden. Früher durfte man das Reinigungssystem gratis testen. Mittlerweile ist das anders. In den Olaz-Teilnahmebedingungen heißt es jetzt:

Die Aktion ist gültig für deutsche Olaz Produkte mit Ausnahme des Regenerist 3-Zonen Reinigungssystems.

Vermutlich hat Olaz die Teilnahmebedingungen der Geld-zurück-Aktion zwischenzeitlich so angepasst, weil die Rechtsabteilung eine Gratis-testen-Aktion in Bezug auf das Regenerist 3-Zonen-Reinigungssystem als wettbewerbswidrig eingestuft hat.

Vieles spricht dafür, dass Geld-zurück-Aktionen, die sich auf das Glade by Brise-Spray mit Batterie beziehen, nach § 4 Nr. 4 UWG unlauter sind. Der Verbraucher, der nach Verbrauch des Nachfüllers die Glade-Batterie hat, wird wohl nicht Produkte der Konkurrenz kaufen, sondern bei der Glade-Batterie bleiben – hat er doch bereits die Batterie und muss bloß einen Nachfüller kaufen. Das behindert Mitbewerber gezielt.

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