Wenn aus einer Marke eine allgemeine Produktbezeichnung wird

Heute soll es um das (nicht nur juristische interessante) Thema „Wenn aus einer Marke eine allgemeine Produktbezeichnung wird“ gehen.

Die Bild-Zeitung hat mit dem Trendforscher Peter Wippermann ein Interview zu einer solchen Entwicklung geführt. Dabei ging es u.a. um die Frage, ob es ein Fluch oder ein Segen für den Hersteller sei, wenn seine Marke zu einer Gattungsbezeichnung werde:

Wippermann: „Es ist ein Triumph für die Hersteller, wenn eine Marke zur Gattungsmarke wird. Denn Gattungsmarken stehen für beste Qualität. Alle folgenden Marken müssen preiswerter werden, um da heran zu kommen.

Ich erinnere mich noch an eine Vorlesung zum Markenrecht, in der wir uns auch mit dieser Problematik beschäftigt haben. Da haben wir über die juristischen Konsequenzen aus markenrechtlicher Sicht diskutiert, die eintreten, wenn eine Marke zur Gattungsbezeichnung wird.

Zu dieser Sachlage schreibt Jansen, in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, Band 1, 3. Aufl. 2014, § 16 Rn. 1:

Jede Marke kann sich zu einer – dann nicht mehr schutzfähigen – Gattungsbezeichnung entwickeln. […] Diese Gefahr besteht insb bei schon per se kennzeichnungsschwachen Marken bzw Marken, die ihre Unterscheidungskraft ausschließlich über § 8 Abs 3 (Verkehrsdurchsetzung) erreicht haben, aber auch bei bes bekannten Marken, die von der Allgemeinheit schon als Synonym für das Produkt verwendet werden (zB Tempo, Aspirin, Labello).

Wegen dieser Konsequenzen erläuterte der Dozent in der von mir besuchten Veranstaltung, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht erstrebenswert sei, einerseits bei den Verbrauchern den Eindruck bester allgemeiner Qualität zu erwecken, gleichzeitig aber zu versuchen, die eigene Marke nicht zu einem Gattungsbegriff werden zu lassen. Dieses Ziel zu erreichen sei allerdings eine Gratwanderung. Insofern würde wohl nicht jeder die These Wippermanns unterschreiben, dass es ein „Triumph für die Hersteller [sei], wenn eine Marke zur Gattungsmarke wird.“ Denn diese Transformation löst beim Markeninhaber Handlungspflichten aus. Dies ergibt sich aus § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG:

(2) Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht,

  1. wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist; …

Der Markeninhaber muss also der Transformation seiner Marke zu einer Gattungsbezeichnung durch sein Verhalten entgegenwirken, andernfalls droht der Verlust der Marke. Ein solches nötiges Verhalten beschreibt § 16 Abs. 1 MarkenG:

Erweckt die Wiedergabe einer eingetragenen Marke in einem Wörterbuch, einem Lexikon oder einem ähnlichen Nachschlagewerk den Eindruck, daß es sich bei der Marke um eine Gattungsbezeichnung für die Waren oder Dienstleistungen handelt, für die die Marke eingetragen ist, kann der Inhaber der Marke vom Verleger des Werkes verlangen, daß der Wiedergabe der Marke ein Hinweis beigefügt wird, daß es sich um eine eingetragene Marke handelt.

Da kommt also Einiges an Aufwand auf den Markeninhaber zu.

Nötig ist mit Blick auf das Interview, das den Anlass für diese Notiz bildet, noch ein kleiner Nachtrag. Es ist wahrscheinlich nicht günstig, das von Wippermann kommentierte Phänomen mit der Bezeichnung „Gattungsmarke“ anzusprechen. Denn in der Marketing-Forschung gibt es für „Gattungsmarke“ auch den folgenden Sprachgebrauch:

Handelsmarke, die sich durch einen niedrigen Preis im Rahmen einer Discounterstrategie auszeichnet (No-Names, Generika, etc.). Diese Produkte besitzen kein eigenes Image, sondern leben von der Discountermarke.

(Marketing-Lexikon-Online, Art. Gattungsmarke)

Dieser Sprachgebrauch hat übrigens auch in die juristische Literatur Eingang gefunden (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage 2009, § 3 MarkenG, Rn. 70). Deswegen wird empfohlen, nicht von „Gattungsmarken“ zu sprechen, „wenn es um Markennamen geht, die sich zu Gattungsbegriffen entwickelt haben, sondern stets von generalisierten Markennamen.“ (Samland, Bernd M. Der Google-Effekt. Die Bildung markenspezifischer Verben. Berlin 2010, S. 62.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert