Zum Mitwirkungsverbot nach den Gemeindeordnungen

Kaiser/Köster/Seegmüller, Materielles Öffentliches Recht im Assessorexamen, 4. Aufl. 2018, Rn 136 schreiben:

Bei den Rechtsfolgen eines Mitwirkungsverbotes, die sich aus den Vorschriften der GemO und nicht aus §§ 214 ff. BauGB ergeben, müssen Sie wie folgt unterscheiden:

  • Bloße Verstöße gegen Regelungen der Geschäftsordnung haben grds. keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Ratsbeschlusses.
  • Ein Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses, wenn gerade die Stimme des Mitwirkenden für das Abstimmungsergebnis ausschlaggebend gewesen ist.

Nach der Lektüre dieser Aussagen blieb ich etwas verwundert zurück. Bei einem Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot der Gemeindeordnung soll der gefasste Beschluss nur dann unwirksam sein, wenn gerade die Stimme des Mitwirkenden für das Abstimmungsergebnis ausschlaggebend gewesen ist. Kann man diese These wirklich so allgemein aufstellen?

Ich absolviere mein Referendariat in Rheinland-Pfalz und deshalb habe ich einen Blick in § 22 Abs. 6 S. 1 GemO Rheinland-Pfalz geworfen. Dort heißt es:

Eine Entscheidung ist unwirksam, wenn sie unter Mitwirkung einer nach Absatz 1 ausgeschlossenen Person ergangen ist oder wenn eine mitwirkungsberechtigte Person ohne einen Ausschließungsgrund nach Absatz 1 von der Beratung oder Entscheidung ausgeschlossen wurde.

Von einem Kausalitätserfordernis ist hier keine Rede. Wie kommen dann Kaiser/Köster/Seegmüller zu dieser These? Etwas Recherche hat ergeben: Es gibt Bundesländer, die ein solches Kausalitätserfordernis aufstellen. So lesen wir in § 31 Abs. 6 GO NRW:

Die Mitwirkung eines wegen Befangenheit Betroffenen kann nach Beendigung der Abstimmung nur geltend gemacht werden, wenn sie für das Abstimmungsergebnis entscheidend war.

Wir können uns also merken: Ein Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot führt – je nach Bundesland – entweder unmittelbar zur Unwirksamkeit eines gefassten Beschlusses (z.B. Rheinland-Pfalz) oder eben nur, wenn Kausalität besteht (z.B. Nordrhein-Westfalen). Insofern ist Vorsicht bei der Lektüre von Büchern geboten, die sich nicht nur auf das Landesrecht eines Bundeslandes beziehen. Hier besteht immer die Gefahr, dass landesrechtliche Unterschiede nivelliert werden.

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