„Verzicht auf die Erbschaft“ nach dem Tod des Erblassers?

An dieser Stelle stand seit dem 11.09.2023 ein Beitrag, wegen dessen ich soeben – 20.02.2024 – von der Kanzlei Schertz Bergmann eine Abmahnung erhalten habe (mit Fristsetzung zum 22.02.2024, 18 Uhr). Ich hatte mich in meinem Beitrag auf einen Artikel in einer deutschen Tageszeitung bezogen. Die Berichterstattung in dieser Tageszeitung ist nach Auskunft der Kanzlei Schertz Bergmann in einem Verfügungsverfahren verboten worden. Um des lieben Friedens willen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht habe ich den im Abmahnschreiben inkriminierten Passus nun hier entfernt.

Jetzt also zum „neuen“ Inhalt meines Beitrags vom 11.09.2023:

Eine deutsche Tageszeitung berichtet über einen Erbstreit. Der in dieser Berichterstattung angesprochene erbrechtlich relevante Punkte kann folgendermaßen beschrieben werden.

Eine Mutter wollte ihren Söhnen im Falle ihres Ablebens die Erbschaftssteuer ersparen. Deshalb verzichtete sie nach dem Tod ihrer Eltern auf ihr Erbe und „überschrieb“ alles auf ihre Kinder. Sie ließ sich nur einen Nießbrauch eintragen.

Es soll jetzt ein Aspekt aus diesem (hypothetischen) Fall in juristischer Hinsicht präzisiert werden. Was ist damit gemeint, dass die Mutter nach dem Tod ihrer Eltern auf ihr Erbe „verzichtete“?

Richtig ist, dass die Möglichkeit existiert, einen Erbverzicht zu erklären. Der Erbverzicht ist in §§ 2346 – 2352 BGB geregelt. Um sich einen ersten Eindruck vom Erbverzicht zu verschaffen, hilft die Lektüre von § 2346 Abs. 1 BGB:

Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichtteilsrecht.

Ein solcher Erbverzicht setzt demnach voraus, dass der Erblasser noch lebt. Ansonsten kann er ja keine Verträge mehr schließen.

Dogmatisch betrachtet handelt es sich bei dem umgangssprachlich als „Verzicht auf das Erbe“ nach dem Tod der Eltern bezeichnete Phänomen um eine Ausschlagung der Erbschaft i.S.v. § 1942 Abs. 1 BGB:

Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechts über, sie auszuschlagen (Anfall der Erbschaft).

Die Gedanken, die wir so aus dem Gesetz hergeleitet haben, lassen sich abschließend wie folgt zusammenfassen:

Der Erbverzicht kann nur zu Lebzeiten des Erblassers geschlossen werden, da bei seinem Tod die eintretende Erbfolge feststehen muss […]. Danach können die wirtschaftlichen Wirkungen des Erbverzichts nur noch durch Ausschlagung der Erbschaft bzw. des Vermächtnisses (§ 1942 BGB) oder durch Erlass des Vermächtnisses (§ 397 BGB) erreicht werden.

BeckOK BGB/Litzenburger, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 2346 Rn. 8

Ein Kommentar

  1. Kritischer Geist aus der Gestaltungspraxis sagt:

    Den Artikel habe ich zwar nicht gelesen, anmerken möchte ich aber dennoch etwas: Eine Erbausschlagung wird es sehr sicher nicht gewesen. Sonst hätte die gute Frau bei Bestellung des Nießbrauchs selbst ordentlich Erbschaft- und Schenkungsteuer zahlen dürfen; schließlich wäre die Immobilie dann bereits Eigentum der Kinder und die Bestlelung des Nießbrauchs als freigiebige Zuwendung – bemessen nach BewG – sicherlich deutlich über dem jeweiligen Freibetrag von 20.000,00 EUR. Vielmehr wird die gute Frau das Erbe angenommen haben und die Immobilie den Kindern unter Vorbehalt eines Nießbrauchs im Rahmen eines Überlassungsvertrags geschenkt haben.

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