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Verlobung per Brief im Dschungelcamp?

Im Medien-Hype rund um das Dschungelcamp fällt eine Nachricht auf, die es erlaubt, einer interessanten Rechtsfrage nachzugehen. RTL stellt den Sachverhalt wie folgt dar:
Diesen Abend im Dschungelcamp wird Matthias Mangiapane wohl so schnell nicht vergessen. Als es an Tag 11 Post von den Liebsten zu Hause gibt, bekommt er per Brief einen Heiratsantrag von seinem Partner Hubert. Und Matthias kann die Hochzeit gar nicht mehr abwarten. Im Camp schmiedet er schon eifrig Pläne für sein Outfit. Huberts romantischer Brief hatte Matthias zu Tränen gerührt. Überglücklich nahm er den Antrag an. Bis die beiden die Hochzeitsdetails besprechen können, müssen sie aber wohl noch ein bisschen warten. Denn während Matthias noch im Dschungelcamp um die Krone kämpft, fiebert Hubert im Versace-Hotel mit seinem Verlobten mit.
Kann man auf einen Heiratsantrag per Brief mündlich im Fernsehen zustimmend antworten, mit der Folge, dass dieser Austausch von Willenserklärung eine wirksame Verlobung darstellt? Anders gefragt: Ist die Verlobung an eine Form gebunden?

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Gerhard Schröder, So-Yeon Kim und ein wenig internationales Verlobungsrecht

Zwei Fakten sind es, die zu einem kleinen Ausflug in das internationale Verlobungsrecht einladen.

  1. Gerhard Schröder ist zurzeit mit Doris Schröder-Köpf verheiratet, da das Scheidungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
  2. Gerhard Schröder und So-Yeon Kim haben sich die Ehe versprochen, es also unternommen, sich zu verloben.

Es fragt sich nun, ob es sich bei diesem Eheversprechen um eine wirksame Verlobung handeln kann.

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§ 35 (?)VwVfG? Oder: Ein Triumph des Föderalismus?

ApfelÜber das eigene Examen soll man nur mit gebührendem Abstand berichten. Ein Erlebnis besonderer Art hatte ich seinerzeit mit einer Standard-Thematik, die viele in gleicher Weise betreffen kann. Darum soll es heute gehen. Als Problem-Aufriss sei die RÜ 2015, 254ff zitiert. Dort löst Horst Wüstenbecker den Fall des VG Minden, 30.01.2015, 2 K 80/14 gutachtenmäßig. Auf Seite 255 schreibt er zur statthaften Klageart:

Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Fall VwGO, gerichtet auf die Aufhebung der Verfügung vom 18.12.2013 als Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG.

Je nach Bundesland wird hier aber ein anderes Normzitat empfohlen. Wo müsste man gegebenenfalls anders zitieren?

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Minima non curat lector?

Heute geht es um ein Beispiel, das dem Inhalt nach im Studium keine Rolle spielen dürfte, bei dem man aber etwas Arbeitspraktisches lernen kann.

Ein Lernhäppchen vorweg: Inhaltlich geht es um die in § 155c FamFG geregelte Beschleunigungsbeschwerde. Mit ihr kann geltend gemacht werden, dass das Verfahren nicht – wie von § 155 Abs. 1 FamFG vorgeschrieben – „vorrangig und beschleunigt“ durchgeführt wird. Es handelt sich um einen präventiven Rechtsbehelf. Er darf nicht mit der Verzögerungsrüge (§§ 198 ff. GVG) verwechselt werden, die kompensatorisch wirkt.

Schauen wir uns vor diesem Hintergrund die Kommentierung von Schlünder im BeckOK FamFG an:

D. Kosten und Gebühren
Wird die Beschleunigungsbeschwerde verworfen oder zurückgewiesen, entsteht eine Gebühr iHv 60,00 EUR nach Nr. 1912 KVFamGKG, vor dem BGH nach Nr. 1923 KV FamGKG von 120,00 EUR. Für die Beschleunigungsbeschwerde erhält der Rechtsanwalt die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 5 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Die Beschleunigungsbeschwerde ist vergütungsrechtlich eine weitere Angelegenheit gem. § 17 Nr. 1 (Keidel/Meyer-Holz Rn. 12). Der Gegenstandwert ist nach § 23 Abs. 3 S. 2 nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dabei kann der in dieser Vorschrift vorgesehene Gegenstandwert von 4.000,00 EUR nicht zugrunde gelegt werden, da das Hauptverfahren auf einen Gegenstandswert von 3.000,00 EUR beschränkt ist (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 45 Abs. 1 FamGKG).

(§ 155c FamFG, Rn. 13, 24. Edition 2017)

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Gibt es die Lohnsteuerkarte doch noch?

In der Literatur taucht – auch heute noch – immer wieder der Begriff der Lohnsteuerkarte auf. So schreibt Smid beispielsweise im Münchener Kommentar zur ZPO:

Abs. 3 S. 2 gestattet den Erlass sog Blankettbeschlüsse. Die pfändbaren Teile des Arbeitseinkommens sind maW nicht von Amts wegen zu ermitteln. Im Blankettbeschluss wird der Umfang des pfändungsfreien Betrages durch eine allgemeine Bezugnahme auf die Tabelle bezeichnet. Es gehört dann zu den Ermittlungs- und Berechnungspflichten des Drittschuldners, sofern dieser Arbeitgeber des Schuldners ist, die Angaben auf der Lohnsteuerkarte gegebenenfalls durch Befragungen des Schuldners, zu präzisieren. Dagegen ist der Drittschuldner nicht aus vollstreckungsrechtlichen Gründen dazu verpflichtet, eigene Ermittlungen anzustellen, um den Blankettbeschluss auslegen und exekutieren zu können.

(MüKoZPO/Smid ZPO, 5. Aufl. 2016, § 850c Rn. 13)

In Fußnote 69 führt er zur Lohnsteuerkarte folgende Belege an:

LAG Mainz BB 66, 741; ArbG Ludwigshafen BB 1965, 333; Reetz, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers als Drittschuldner in der Zwangsvollstreckung, 1985, S. 34 ff.

Insgesamt sind dies Belege aus den Jahren 1965 bis 1985.

Doch gibt es die Lohnsteuerkarte überhaupt noch? Diese Frage könnte sich beispielsweise in einer mündlichen Prüfung im Arbeitsrecht oder im Steuerrecht stellen.

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