Archiv für Allgemein

Ausgangskontrolle für anwaltliche Schreiben mit ChatGPT?

Kürzlich berichtete bei LinkedIn ein Anwalt über ein Schreiben, das er vor einiger Zeit von einem Kollegen erhalten habe. Dieses Schreiben lautete wie folgt:

Scheiße Sehr geehrter Herr Kollege,

Unsere Mandantin hat mit Eingabe zum LG Lüneburg vom 31. August 2017 verbindlich erklärt, dass sie den Vergleich laut Protokoll vom 07. August 2017 nicht widerrufen wird. Demgemäß hat sie auch den Vergleich bis 7. September 2017 nicht widerrufen. Der Vergleich ist damit rechtskräftig zustande gekommen.

Entstanden war dieses merkwürdige Anwaltsschreiben offensichtlich aufgrund eines Missgeschicks bei einem Diktat mit Spracherkennung. Es wurde spekuliert, dass das anstößige Eingangswort sich möglicherweise darauf bezogen habe, dass bei Diktatbeginn Kaffee verschüttet worden sei. Andere Szenarien sind gleichfalls denkbar. Wie dem auch sei: Wie ließe sich sowas vermeiden?

Weiterlesen

Elektronisches Bundesgesetzblatt – wie zitieren?

Manchmal wirken sich wichtige Entwicklungen im Recht direkt im Studienalltag aus. So verhält es sich mit der Einführung des Elektronischen Bundesgesetzblatts. Die Möglichkeit, das Bundesgesetzblatt in elektronischer Form zu führen, ist in Art. 82 Abs. 1 GG vorgesehen:

Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Bundesgesetzblatt kann in elektronischer Form geführt werden. Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt. Das Nähere zur Verkündung und zur Form von Gegenzeichnung und Ausfertigung von Gesetzen und Rechtsverordnungen regelt ein Bundesgesetz.

Aber wo ist da nun die Konsequenz für den Studienalltag?

Weiterlesen

„Ein Federstrich“ oder „Drei berichtigende Worte“?

Die Annahme ist nicht gewagt, dass wir alle schon im Studium in der einen oder anderen Vorlesung dem berühmten Kirchmann-Zitat begegnet sind, nach dem eine Aktion des Gesetzgebers ganze Bibliotheksbestände zu Makulatur machen kann. Das Problem ist nur: Das Zitat ist in zwei Versionen unterwegs, ein Faktum, das eine Google-Recherche unschwer zu Tage fördert. Die eine Version spricht von einem „Federstrich des Gesetzgebers“, die andere nennt „drei berichtigende Worte“ des Gesetzgebers als Ursache dafür, dass möglicherweise eine nennenswerte Anzahl juristischer Bücher ihre Relevanz verliert. Fragt sich, welche der beiden Versionen die von Kirchmann gewählte Originalformulierung richtig zitiert.

Weiterlesen

Augen auf bei Recherche-Voreinstellungen

Im Jura-Studium ist die vorlesungsfreie Zeit nicht so frei, wie man sich das gerne wünschen würde. In dieser Zeit sind nämlich häufig Hausarbeiten bzw. Seminararbeiten anzufertigen. Hier darf – und soll man – mit Hilfsmitteln arbeiten. Im Vordergrund steht dabei sicherlich mit die Datenbankarbeit. Die Kunst, mit juristischen Datenbanken effektiv zu arbeiten, wird oft unterschätzt. Deshalb empfiehlt es sich, an Schulungen teilzunehmen, die von Datenbank-Anbietern oder Bibliotheken an den Universitäten in regelmäßigen Abständen angeboten werden. Es empfiehlt sich sogar, es nicht bei einer Teilnahme zu belassen. Denn die Datenbank-Anbieter stellen immer wieder neue Funktionen zur Verfügung, die man kennenlernen sollte. Heute möchte ich auf eine Voreinstellung aufmerksam machen, die mir bei meinen Recherchen hin und wieder in die Quere kommt.

Weiterlesen

Wer kennt OLGA?

Das OLG Stuttgart hat einen IBM-Massenverfahrensassistenten zur Fallbearbeitung in Dieselabgasverfahren pilotiert. Anlass war die Flut an Berufungen in Dieselsachen (eine fünfstellige Zahl, Tendenz steigend). Traditionelle Arbeitsweisen erwiesen sich angesichts dieser Masse als unzureichend. Deswegen setzte man sich folgendes Entwicklungsziel:

Die fertige Lösung sollte in der Lage sein, relevante Parameter aus umfangreichen Schriftsätzen zu extrahieren und die Fälle auf Basis dieser Daten passenden Kategorien und entsprechenden Beschlusstypen zuzuordnen. So wird als Grundlage für die in richterlicher Unabhängigkeit zu treffenden Entscheidungen eine solide Datenbasis vorbereitet, die Fehleranfälligkeit minimiert und dadurch die Nutzerakzeptanz erhöht.

https://de.newsroom.ibm.com/2022-12-07-OLG-Stuttgart-pilotiert-IBM-Massenverfahrensassistenten-zur-Fallbearbeitung-in-Dieselabgasverfahren

Mittlerweile gibt es einen Prototyp, der diesem Anforderungsprofil entspricht. Der „Massenverfahrensassistent“ für Dieselverfahren hatte Gestalt angenommen. Aber ist mit Bezug darauf die Rede vom „Stuttgarter Massensverfahrensassistenten“? Nein, alle sprechen diesbezüglich von „OLGA“. Warum?

Weiterlesen