Archiv für Strafrecht

Das beschleunigte Verfahren nach § 417 StPO vor dem Schöffengericht

Wieder ist Montag, wieder wird ein Blog-Eintrag fällig. Diesmal beruht er auf der das Referendariat begleitenden Wochenend-Lektüre von Kaiser/Bracker  „Die Staatsanwaltsklausur im Assessorexamen“, 6. Aufl. 2018. Dort steht in Randnummer 188:

Denken Sie zudem immer daran, dass auch das beschleunigte Verfahren nur vor dem Strafrichter durchgeführt werden kann.

[…]

Geradezu verfehlt wäre es, bei angenommener Zuständigkeit des Schöffengerichts noch ergänzend darauf hinzuweisen, ein beschleunigtes Verfahren komme deshalb nicht in Betracht.

Als ich diese Passage gelesen hatte, habe ich, wie stets empfohlen wird, sogleich das Gesetz konsultiert, nämlich § 417 StPO. Diese Lektüre ließ mich nachdenklich zurück. Warum?

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Rechtsmittelbelehrung bei Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft?

Passend zu meiner Station bei der Staatsanwaltschaft soll es heute um ein Thema gehen, das in einer strafrechtlichen Klausur im 2. Examen relevant werden kann.

Dinter/Jakob schreiben in dem Buch „Die Staatsanwaltsklausur: Prüfungswissen für das Assessorexamen, 3. Aufl. 2018, Rn. 206 f.:

B. (Teil-)Einstellungsverfügung

[…]

Soweit dies nach dem Ergebnis Ihres B-Gutachtens nötig ist, weisen Sie auf die erforderliche Rechtsmittelbelehrung hin („- Rechtsmittelbelehrung -„). Die Belehrung müssen Sie in der Klausur nicht ausformulieren, auch in der Praxis erfolgt die Ausformulierung häufig durch die Geschäftsstelle.

(Hervorhebung im Original)

Woran könnte sich ein Korrektor hier stören?

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Sind Vergehen etwas anderes als Straftaten? Oder: Zum Unterschied zwischen Verbrechen und Vergehen

Nachdem am 01.02. meine Verwaltungsstation an der Universität in Speyer ihr Ende fand und meine Strafstation bei der Staatsanwaltschaft in Zweibrücken begonnen hat, konnte ich nicht ganz von meinem Hobby lassen, juristisch relevante Dialoge in Fernsehkrimis „stationsbezogen“ zu analysieren :-). Hier traf es sich nun glücklich, dass in dem Usedom-Krimi „Das Geisterschiff“ eine frühere Staatsanwältin (Karin Lossow) mit einem amtierenden Staatsanwalt (Dr. Dirk Brunner) in den folgenden Dialog geriet:
Karin Lossow:
Bei den meisten Vergehen war er minderjährig.
 
Staatsanwalt Dr. Dirk Brunner:
Ein Wohnungseinbruch ist kein Vergehen, sondern eine Straftat, das sollten Sie als studierte Juristin wissen.
 
Karin Lossow:
Ja, Herr Staatsanwalt, ich kenne den Unterschied zwischen Vergehen und Straftat.
(ARD, 14.02.2019, bei Minute 9:04)
 
Hier blieb ich etwas ratlos zurück.

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Zur sozialethischen Einschränkung des Notwehrrechts (§ 32 StGB)

Die Bild-Zeitung hat Gregor Samimi (Anwalt für Strafrecht in Berlin) interviewt (u.a. zu Fragen des Notwehrrechts). Im Rahmen dieses Interviews hat Samimi (laut Bild-Zeitung) gesagt:

Das ist sehr weitgreifend, denn eine Verhältnismäßigkeit der Mittel ist nicht nötig. Ein beliebtes Beispiel aus dem Jurastudium: Wenn ich im Rollstuhl sitze und jemand klaut mir die Kirschen vom Baum, dann ist es Notwehr, wenn ich auf ihn schieße.

An ein sehr verwandtes Beispiel aus meiner Strafrechtsvorlesung kann ich mich noch erinnern. Ich meine aber, dass unser Strafrechtsprofessor anhand dieses Beispiels gerade eine Grenze des Notwehrrechts aufzeigen wollte. Es ist also nicht von dem Notwehrrecht gedeckt, wenn jemand aus dem Rollstuhl auf Kinder schießt, die Kirschen vom eigenen Kirschbaum klauen.

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§ 315d StGB: Verbotene Kraftfahrzeugrennen

Constantin Blanke-Roeser erklärt in der JuS 2018, 18 ff. in gut verständlicher Art und Weise was unter einem „Kraftfahrzeugrennen“ im Sinne des neuen § 315d StGB zu verstehen ist. 

Dabei erläutert er u.a., dass für ein Rennen mindestens zwei Kfz und zwei Kfz-Führer benötigt werden. Deshalb sei ein Rennen nicht gegeben, wenn beispielsweise ein Kraftfahrzeugführer und ein Fahrradfahrer eine Wettfahrt unternehmen.

Am Ende seines Beitrags schlägt er dann folgende Definition für „Rennen“ vor:

Ein Rennen ist eine Fahrt, bei der es zumindest auch um die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten geht und zwischen mindestens zwei Teilnehmern, die sich zuvor zumindest konkludent auf die Durchführung eines Wettbewerbs geeinigt haben, ein Sieger ermittelt wird; von der Veranstaltung muss eine abstrakte Gefahr für Leib oder Leben anderer Menschen oder die Sicherheit des Straßenverkehrs ausgehen.

(JuS 2018, 18, 22)

Sollten wir die Definition unseren Klausuren so zugrunde legen?

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