Archiv für Zivilprozessrecht

Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss auf Kopfgeldjagd?

Ich bin auf einen Artikel mit dem Titel „Michael Wendler: Aus & vorbei! Sein Glück liegt in Scherben“ aufmerksam gemacht worden. Dort heißt es u.a.:

„Michael Wendler: Vollstreckungsbescheid

Zum Song „Oh Happy Day“ hält Reiseunternehmer Timo Berger in einem Instagram-Video zufrieden ein weißes Blatt Papier in die Kamera. Zu lesen ist darauf nichts, allerdings lassen sich mehrere blaue Stempel erkennen. „Hier ist das gute Stück“, beginnt Berger seine Siegesansprache.

In den Händen hält er einen Vollstreckungsbescheid vom Landgericht Hamburg. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss verpflichtet Schlagersänger Michael Wendler zur Zahlung von etwas mehr als 2.000 Euro verauslagten Gerichtskosten. Das klingt nach wenig, wenn man bedenkt, dass Berger ursprünglich 30.000 Euro vom Wendler verlangt hat.“

https://mvp-web.de/?p=22838

Die Bild-Zeitung dramatisierte die Lage weiter:

„Laut des Vollstreckungsbescheids kann Berger nun Verfahrenskosten in Höhe von 2036,28 Euro auch in den USA von Wendler geltend machen und einen Gerichtsvollzieher oder sogar Kopfgeldjäger dort beauftragen.“

https://www.bild.de/bild-plus/unterhaltung/leute/leute/michael-wendler-vollstreckungsbescheid-ihm-droht-das-aus-in-den-usa-79080102.bild.html

Meine Auskunftsperson stellte mir dann folgende Frage: „Ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss ein Vollstreckungsbescheid?“ Was lässt sich dazu sagen?

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Wird in § 234 Abs. 2 ZPO die Morgenstunde angesprochen?

Fristberechnungen sind in Klausuren ein beliebtes Thema. Darum soll es heute gehen. Betrachten wir folgendes Zitat:

Beginnt die Frist mit dem Tagesanfang (zB § 234 II ZPO), so wird der Anfangstag mitgerechnet (§ 187 II BGB).

Kaiser/Kaiser/Kaiser, Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen, Bd. 1, 9. Aufl. 2021, S. 201 (Hervorhebung im Original)

Lässt sich das tatsächlich § 234 Abs. 2 ZPO entnehmen?

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Abschriften im elektronischen Rechtsverkehr

Heute soll es um ein Thema aus der anwaltlichen Praxis gehen, das allerdings mit Hilfe einfacher Gesetzeslektüre zu lösen ist und deshalb auch schon für das Studium bzw. das Referendariat von Interesse sein kann. Nach § 130d ZPO ist die Anwaltschaft seit dem 01.01.2022 grundsätzlich verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat nun am 31.01.2022 folgendes Schreiben an einen Rechtsanwalt verschickt:

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

in dem Rechtsstreit

[…]

erhalten Sie anliegendes Schriftstück mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Bitte reichen Sie alle schriftlichen Eingaben in der erforderlichen Anzahl an Abschriften gem. § 133 Abs. 1 ZPO ein.

Und das führt natürlich zu der Frage: Spielt die Einreichung von Abschriften im elektronischen Rechtsverkehr tatsächlich noch eine Rolle?

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Fristenberechnung bei unterschiedlichen Feiertagen

Heute möchte ich von einem – im Blogbeitrag der letzten Woche avisierten – Problem berichten, dem ich sowohl in Klausuren im Studium als auch in meiner Anwaltsstation im Referendariat begegnet bin. Man sieht also: Das, was man im Studium lernt, ist häufig doch sehr praxisrelevant (was ja tröstlich ist). Um was geht es?

Bei einer Fristberechnung stellte sich die Frage, welche Auswirkungen es hat, dass zwar am Kanzleisitz am Tag des rechnerischen Fristendes ein allgemeiner Feiertag ist, nicht aber am Sitz des zuständigen Gerichts. Welche Konsequenzen hat dies für den Fristablauf?

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ERVV: Durchsuchbar oder nicht-durchsuchbar – das ist hier die Frage …

In der anwaltlichen Praxis ist die Frage relevant, ob es für ein elektronisches Dokument nach § 130a ZPO notwendig ist, dieses Dokument in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form einzureichen. Die Antwort auf diese Frage steht in § 2 Abs. 1 S. 1 ERVV:

Das elektronische Dokument ist in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln.

Entsprechend erläutert dies Möller in seinem Übersichtsaufsatz „Der digitale Postausgang“ in der NJW 2021, S. 2179 ff., in dem er auf die Lage ab dem 1.1.2022 eingeht. Dort heißt es u.a. in der Checkliste unter „I. Allgemeine Prüfungspunkte“ am Ende des Beitrags:

Ist das Dokument druckbar, kopierbar und durchsuchbar (§ 2 I ERVV)?

Das ist für jetzt richtig. Aber wird es auch so bleiben?

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