Archiv für Zivilprozessrecht

ERVV: Durchsuchbar oder nicht-durchsuchbar – das ist hier die Frage …

In der anwaltlichen Praxis ist die Frage relevant, ob es für ein elektronisches Dokument nach § 130a ZPO notwendig ist, dieses Dokument in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form einzureichen. Die Antwort auf diese Frage steht in § 2 Abs. 1 S. 1 ERVV:

Das elektronische Dokument ist in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln.

Entsprechend erläutert dies Möller in seinem Übersichtsaufsatz „Der digitale Postausgang“ in der NJW 2021, S. 2179 ff., in dem er auf die Lage ab dem 1.1.2022 eingeht. Dort heißt es u.a. in der Checkliste unter „I. Allgemeine Prüfungspunkte“ am Ende des Beitrags:

Ist das Dokument druckbar, kopierbar und durchsuchbar (§ 2 I ERVV)?

Das ist für jetzt richtig. Aber wird es auch so bleiben?

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Streitwert 5.000 € – Sachliche Zuständigkeit

Häufig liest man folgende Behauptung zur Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit zwischen Amtsgericht und Landgericht:

Voraussetzung, dass diese rechtlichen Auseinandersetzungen in die Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen, ist, dass der Streitwert unter 5000 Euro liegt. Sollte der Streitwert über 5000 Euro liegen, so ist das LG anzurufen.

https://www.juraforum.de/gerichte/amtsgericht-adelsheim/

Oder:

Die Höhe des Streitwerts bestimmt zudem, vor welchem Gericht das Verfahren stattfindet. Liegt der Streitwert unter 5000 Euro bzw. handelt es sich um ein Verfahren im Wohnraummietrecht, ist das jeweilige Amtsgericht zuständig. Bei einem Streitwert über 5000 Euro sind die Landgerichte zuständig.

https://www.anwalt.de/rechtstipps/prozesskostenrechner

Wer beispielsweise in einer mündlichen Prüfung so abgrenzt, provoziert natürlich die folgende Frage: Bei einem Streitwert von exakt 5.000 Euro – ist da das Amtsgericht oder ist da das Landgericht sachlich zuständig?

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Die Geschichte vom Robo Judge in Estland

2019 erschien in wired ein Artikel mit der Überschrift „Can AI Be a Fair Judge in Court? Estonia Thinks So„. Es wurde dann ausgeführt:

In the most ambitious project to date, the Estonian Ministry of Justice has asked Velsberg and his team to design a “robot judge” that could adjudicate small claims disputes of less than €7,000 (about $8,000). Officials hope the system can clear a backlog of cases for judges and court clerks.

www.wired.com/story/can-ai-be-fair-judge-court-estonia-thinks-so

Diese Berichterstattung fand schnell große Aufmerksamkeit. In Deutschland wurde sie u.a. vom Deutschlandfunk unter dem Sendungstitel „KI-Richter in Estland fällt Urteile per Algorithmus“ aufgegriffen. Mit Bezug darauf hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten mit dem Titel „Künstliche Intelligenz in der Justiz: Internationaler Überblick“ auf die Entwicklung in Estland Bezug genommen. Es heißt dort:

In einem Pilotprojekt soll in Estland ein KI-basiertes Programm autonom über zivilrechtliche Vertragsstreitigkeiten mit einem Streitwert von unter 7 000 Euro entscheiden und dadurch die Justiz entlasten. Dabei werden die relevanten Dokumente von den Parteien hochgeladen, und die KI entscheidet anhand der vorliegenden Informationen. Diese Entscheidungen können jedoch vor einem Richter angefochten werden.

https://www.bundestag.de/resource/blob/832204/6813d064fab52e9b6d54cbbf5319cea3/WD-7-017-21-pdf-data.pdf

Gibt es nun den Robo Judge in Estland?

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Welches Gericht ist bei einer Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Prozessvergleich zuständig?

Lippross/Bittmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl. 2017, Rn. 689 schreiben:

Bei Prozessvergleichen ergibt sich die Zuständigkeit [für die Vollstreckungsgegenklage, M.H.] nicht aus der Sonderregel des § 797 V. Vielmehr ist in einschränkender Auslegung dieser Vorschrift für die Vollstreckungsgegenklage das Gericht zuständig, bei dem der durch Vergleich erledigte Rechtsstreit in erster Instanz anhängig war (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann § 767 Rn. 51; Brox/Walker ZVR Rn. 1331; Schuschke/Walker/Raebel ZPO § 767 Rn. 14, str.).

An dem Zusatz „str.“ kann man – etwas versteckt – erkennen, dass es sich um eine Frage handelt, die umstritten ist. Doch welche Ansichten gibt es zu dem Thema? Wie wird das zuständige Gericht für eine Vollstreckungsgegenklage gegen einen Prozessvergleich bestimmt?

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Haftung für Bestand und Werthaltigkeit der Forderung?

Benedikt Windau schreibt in der RÜ2 2017, 51 (52):

Ein solches schutzwürdiges Interesse eines Zedenten an einer gerichtlichen Durchsetzung der Forderung ist beispielsweise anzunehmen, wenn die Forderung an den Zessionar verkauft worden ist. Denn in einem solchen Fall muss der Zedent in der Regel gegenüber dem Zessionar für den Bestand und die Werthaltigkeit der Forderung einstehen. Der Zessionar kann ggf. einen Teil oder sogar den vollständigen Kaufpreis für die Forderung zurückverlangen […].

Der Zedent muss dem Zessionar gegenüber in der Regel für den Bestand und die Werthaltigkeit der Forderung einstehen?

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