Zur Differenzhypothese in § 249 BGB und § 251 BGB

Gerald Mäsch bespricht in der JuS 2018, 907 ff. die Entscheidung des BGH vom 22.02.2018 (VII ZR 46/17). Seine Urteilsanmerkung betitelt er mit „Differenzhypothese statt fiktiver Mängelbeseitigungskosten“. Für uns ist die Entscheidung schon deshalb relevant, weil der BGH eine bisherige Rechtsprechung aufgegeben hat. Das ist ein Anknüpfungspunkt, der früher oder später in Prüfungen auftauchen wird.

Zur Rechtsprechungsänderung heißt es im ersten Leitsatz:

Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gegen den Unternehmer gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).

Das sollten wir uns merken. Wer sich für die Begründung dieser Entscheidung interessiert, dem sei die gut verständliche Anmerkung von Mäsch empfohlen. Allerdings bin ich gegen Ende der Urteilsanmerkung über eine Formulierung gestolpert:

Obwohl (oder gerade weil) die Entscheidung in die (Un-)Tiefen des Schadensrechts führt, sollten Studenten sich näher mit ihr auseinandersetzen. Das gilt zum einen deshalb, weil eine Rechtsprechungsänderung in mündlichen Prüfungen und Klausuren gerne herangezogen wird, um das Systemverständnis der Kandidaten zu prüfen. Zum anderen illustriert die Frage nach der Möglichkeit der Geltendmachung fiktiver Reparaturkosten höchst aufschlussreich den Inhalt und die Natur der schadenersatzrechtlichen Pflicht zur Naturalrestitution (§ 249 BGB) im Gegensatz zur Entschädigung in Geld (§ 251 BGB) und der nur im letzteren Fall anzuwendenden Differenzhypothese.

(JuS 2018, 907, 909)

Die Differenzhypothese soll also nur im Rahmen von § 251 BGB anwendbar sein und nicht im Rahmen von § 249 BGB?

Weiterlesen

Widerruf der Ermächtigung zum Auftreten in gewillkürter Prozessstandschaft

Kaiser/Kaiser/Kaiser schreiben in dem Skript „Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen, Band II: Wiederholung und Vertiefung“, 5. Aufl. 2016 auf Seite 45:

Der Widerruf der Ermächtigung zum Auftreten in gewillkürter Prozessstandschaft ist ebenso wie der Rechtsverlust des materiellen Rechtsinhabers analog §§ 265 II 1, 261 III Nr. 1 ZPO ohne Einfluss auf den Rechtsstreit.

Es geht also um die interessante Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Ermächtigung zum Auftreten in gewillkürter Prozessstandschaft widerrufen werden kann.

Mit dieser Frage hat sich der BGH Anfang 2015 beschäftigt und kommt zwar zu dem gleichen Ergebnis wie Kaiser/Kaiser/Kaiser, allerdings mit einer anderen Begründung. Gleichzeitig erteilt der BGH der Lösung über §§ 265 II 1, 261 III Nr. 1 ZPO analog ausdrücklich eine Absage. Weiterlesen

Kollision von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss

Heute soll es um die Frage gehen, wie mit einer Kollision von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss umzugehen ist.

Lesen wir dazu folgende Passage aus Pagenkopf/Pagenkopf/Rosenthal, Der Aktenvortrag im Assessorexamen, 24 Aktenvorträge aus dem Zivilrecht, Strafrecht und Öffentlichen Recht, 5. Aufl. 2016, S. 47:

Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung, die sich nicht ausdrücklich im schriftlichen Kaufvertrag wiederfinden muss, sondern auch mündlich erfolgen kann, haben die Parteien geschlossen. Die Beklagte hat sich nämlich auf eine entsprechende Nachfrage der Klägerin unstreitig vor Abschluss des Vertrages zur Reitfähigkeit des Tieres im Gelände positiv geäußert. Die Klägerin hat durch ihre Nachfrage zum Ausdruck gebracht, dass die Reitfähigkeit im Gelände entscheidende Voraussetzung für den Erwerb des Pferdes war. Die Parteien haben aber im Kaufvertrag die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen, so dass keine Sachmängelhaftung der Beklagten eintritt.

Die Parteien haben also sowohl eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen als auch einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Hat dies zur Folge, dass die Beschaffenheitsvereinbarung „leer läuft“ und sich der Gewährleistungsausschluss durchsetzt?

Weiterlesen

Schellhammer: Die Arbeitsmethode des Zivilrichters

Mit dem Buch „Die Arbeitsmethode des Zivilrichters“ wendet sich Kurt Schellhammer an Rechtsreferendare und junge Praktiker (so der Untertitel). Er arbeitet mit Fällen und einer Musterakte (so der weitere Untertitel). Die Musterakte begleitet die Leserinnen und Leser vom Anfang bis zum Ende des Buches. Es wird ständig darauf Bezug genommen. Bereits diese Strukturierung sichert dem Buch seine Praxisnähe. In den vergangenen Wochen habe ich diesen „Schellhammer“ durchgearbeitet und immer wieder im Einzelnen herangezogen. Im Folgenden will ich von meinen Eindrücken berichten.

Weiterlesen

Ist Landau in der Pfalz ein kleines Dorf?

Katharina Bauer ist deutsche Hallenmeisterin im Stabhochsprung. Sie hat jetzt in einem viel beachteten Interview darüber gesprochen, dass ihr aus gesundheitlichen Gründen ein Defibrillator eingesetzt wurde, und wie sie damit umgeht. Der Spiegel nahm dies zum Anlass für einen Bericht und erwähnte in diesem Zusammenhang, dass Katharina Bauer in Landau an einem Stabhochsprung-Wettbewerb teilnahm. In dem Bericht bei Spiegel-Online war zweimal die Rede davon, dass Landau ein kleines Dorf in der Pfalz sei. Spontan denkt man: Landau, ein kleines Dorf?

Weiterlesen