Archiv für klartext-jura

Der Druckfehlerteufel ist ein Zeitdieb

Hans Kudlich schreibt in der JA 2016, S. 793:

Mit dem am 4.12.2015 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellten Beschluss vom 2.12.2015 hatte das AG eine dem V gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wegen einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten widerrufen. Mit einem erst am 14.12.2016 beim AG eingegangenen Schriftsatz legte V gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil ihm der Beschluss erst „kurze Zeit“ vorliege.

Im Sinne der Übersichtlichkeit wird immer empfohlen, sich die Daten eines Falles in einer Art Zeitstrahl darzustellen, also:

affe

02.12.2015: Beschluss über Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung

04.12.2015: Zustellung des Beschlusses durch Einwurf in den Briefkasten

14.12.2016: Sofortige Beschwerde gegen den Beschluss

Hier könnte man schon stutzig werden.

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Kein Kriegsvölkerrecht?

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. Oktober 2016 schreibt Marcus Jung unter der Überschrift „Krankheit vorgeschoben“ auf S. 19 unter anderem Folgendes zum Arbeitskonflikt bei TUI fly:

Es ist nicht verwerflich, dass sich Crew-Mitglieder und Piloten um ihre berufliche Existenz sorgen und dies zum Ausdruck bringen. Es ist nachvollziehbar, dass sie dafür den Moment der Herbstferien wählen, um den Druck auf das TUI-fly-Management immens zu erhöhen. Im Krieg und in der Liebe gelten keine Regeln, im Arbeitskampf in Deutschland schon. Mit den ganz offenkundig konzertierten Scheinerkrankungen, deren paralleles Auftreten diese Ahnung nur unterstreicht, droht den Verantwortlichen noch rechtlicher Ärger. Wenn TUI fly dies belegen kann, werden die ersten Schadensersatzklagen und Kündigungen folgen.

friedenstaube

Nun soll mit dem Autor nicht darüber gestritten werden, ob in der Liebe Regeln gelten. Dazu ließe sich ethisch und moralisch das Eine oder Andere sagen.

Auf jeden Fall wären diese Regeln aber mit denen des deutschen Arbeitskampfrechts – glücklicherweise möchte man sagen – nicht zu vergleichen.

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Limetten doch nicht ins Glas?

In Anlehnung an einen immer noch bekannten Schlager könnte man sagen: Das Wettbewerbswidrige ist immer und überall.

Wenn man „Recht im Alltag“ praktizieren will, kann das stets Anlass sein, ein wenig unter das UWG zu subsumieren. Beginnen wir mit der folgenden Netto Marken-Discount-Werbung für Limetten, die mich kürzlich in die hiesige Netto-Filiale gelockt hat:

limetten-werbung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Werbung vom 26.09.2016 – 01.10.2016, S. 22)

Da ist zunächst ganz lustig, dass erst von der „6er Schale“ die Rede ist und direkt darunter die Schale als „zum Verzehr geeignet“ bezeichnet wird. Der aufmerksame und verständige Verbraucher (das Leitbild des UWG) wird dadurch nicht getäuscht werden, da er „Schale“ von „Schale“ zu unterscheiden weiß. Trotzdem macht er sich auf, die nächstgelegene Netto-Filiale aufzusuchen, da der Preis von 1,49 Euro für sechs Limetten mit zum Verzehr geeigneter Schale anziehend erscheint. Weiterlesen

Und das besondere Anwaltspostfach (beA) ist doch gestern gestartet ;-)

clownHeute mal eine Planänderung in meinem Blog aus aktuellem Anlass.

Normalerweise versuche ich, an Werktagen montags und freitags um 10 Uhr einen Beitrag in meinem Blog zu veröffentlichen. Heute habe ich aber um 09:35 Uhr folgende E-Mail von der hemmer office GmbH (im Folgenden: Hemmer) erhalten, dem „Ausrüster für Kopfarbeiter“:

Liebe Freunde des hemmer.clubs,

gestern wurde das besondere elektronische Anwaltspostfach beA für 165.000 Rechtsanwälte eingeführt. Damit fiel der Startschuß für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs ERV.

Hat die juristische Welt da etwas verschlafen?

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Verfassungsrechtliches Gebot effektiven Rechtsschutzes: Wie zitieren?

Burkhard Boemke schreibt in der JuS 2016, 269 (270):

Es stellt nach Auffassung des BAG auch keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 I iVm 20 GG) dar, wenn der Kläger zusätzlich zur Kündigungsschutzklage auch aus dem Arbeitsverhältnis folgende Zahlungsansprüche einklagen muss, um die Hemmung der Verjährung diesbezüglich zu bewirken.

Hier geht es nicht um eine originär arbeitsrechtliche Frage, sondern um „Verfassungsrecht im Arbeitsrecht“, genauer um das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes. Boemke zitiert – wie das BAG – Art. 20 GG, ohne, dass ein Absatz genannt wird. Welcher Absatz könnte gemeint sein?

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