Archiv für Zivilrecht

„Strafporto“ – tempi passati?

Führich, Wirtschaftsprivatrecht, 2014, S. 65 schreibt:

c) Zugangshindernisse

[…]

Beispiel: Einen unterfrankierten Brief braucht der Empfänger wegen des Strafportos nicht anzunehmen.

Noack/Uhlig, JA 2012, 740 (744) formulieren:

Der Erklärungsempfänger ist bspw. zur Verweigerung berechtigt, wenn er Strafporto zahlen oder sich beleidigenden Äußerungen aussetzen müsste.

In der Sache ist die Feststellung sicher richtig. Doch ist „Strafporto“ die korrekte Terminologie?

Weiterlesen

„Liebe vergeht, Hektar besteht!“

landschaft-grauMit diesen Worten erklärt Volker Looman in der FAZ vom 8. November 2016, S. 29 (Der große Unwille vor dem Letzten Willen) die Notwendigkeit, entgegen allen romantischen Vorstellungen bei der Eheschließung an einen Ehevertrag zu denken. Einen solchen hat auch in dem von Looman behandelten Fall der Ehemann mit seiner 20 Jahre jüngeren Ehefrau geschlossen. Über den Inhalt des konkreten Ehevertrages erfahren wir zwar nichts, wohl aber darüber, was allgemein vereinbart zu werden pflegt:

Darin wird geregelt, was wem gehört und wer wie gestellt wird, sollte die Ehe tatsächlich eines Tages in die Brüche gehen.

Traurigerweise verstarb der mittlerweile 70 Jahre alte Ehemann nach einem Herzinfarkt, was die Frau und die drei gemeinsamen Kinder im Looman’schen Fall zum Notar führte:

Nach einigen Wochen wurde das Testament eröffnet, und die Frau und die Kinder erfuhren aus dem Mund eines blässlichen Notars, dass der Ehemann und Vater keine Verfügungen getroffen hatte. Folglich galt das Gesetz, wie der Jurist sagt. Die Frau bekam die Hälfte, jedes Kind erhielt ein Sechstel.

Dazu muss man wissen, dass nur in Baden-Württemberg der Notar das Testament eröffnet. Nach § 38 des dortigen Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit ist Nachlassgericht das Notariat (allerdings nur noch bis zum 31.12.2017). Da die FAZ jedoch als überregionale Tageszeitung auch außerhalb von Baden-Württemberg gelesen wird, sei hinzugefügt, dass im Rest der Republik Testamente vom Amtsgericht als Nachlassgericht (§ 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG) eröffnet werden. Dort begegnet man also keinem „blässlichen Notar“.

Nun aber zur Sache selbst.

Weiterlesen

Notarielle Form: § 313 I 1 BGB vs § 311b I 1 BGB

Eva Feldmann bespricht in der JA 2015 auf den Seiten 809 ff die Klausur „Der arglistige Ehemann“. Auf Seite 810 schreibt sie:

A. Ansprüche des A gegen F

I. Anspruch gemäß § 346 I iVm §§ 437 Nr. 2, 323 I 1 BGB

[…]

Es müsste zunächst zwischen A und F ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden sein.

a) Formwirksamer Vertragsschluss, §§ 313 I 1, 128 BGB

A und F schlossen Anfang Januar 2015 einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück der F zu einem Preis in Höhe von 5.000.000 EUR. Die bei einem Grundstückskaufvertrag erforderliche Form gemäß §§ 311 b I 1, 128 BGB wurde eingehalten.

Was fällt hier auf?

Weiterlesen

Der Girovertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter?

Knut Werner Lange, Basiswissen Ziviles Wirtschaftsrecht, 7. Aufl. 2015, S. 87:

Der Girovertrag zwischen Schuldner und Schuldnerbank hat beim Lastschriftverfahren nach der Rechtsprechung Schutzwirkung für den Gläubiger. Das Lastschriftverfahren ist ein Massengeschäft, bei dem in hohem Maße Vertrauen in eine sachgerechte Abwicklung unter Minimierung von Risiken beteiligten Dritten in Anspruch genommen wird. Aus diesem Grund haftet die Schuldnerbank dem Gläubiger (BGHZ 69, 82).

Oder in den Worten des Leitsatzes der zitieren Entscheidung (BGHZ 69, 82):

Im Lastschriftverfahren kann der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch aus Schutzpflichtverletzung gegen die Bank des Schuldners haben, wenn diese eine unbezahlte Lastschrift nicht alsbald nach Eingang und Prüfung an die Gläubigerbank zurückleitet oder diese von der Nichteinlösung benachrichtigt.

Dabei soll das nach dem BGH wie folgt funktionieren:

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist aber unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Schutzpflicht schlüssig vorgetragen, die zugunsten des Lastschriftgläubigers aus den bei der Durchführung des Lastschriftverfahrens entstehenden Rechtsverhältnissen der beteiligten Banken herzuleiten ist.

Obwohl also eigentlich zwischen dem Gläubiger und der Bank des Schuldners kein Schuldverhältnis besteht, soll es die Möglichkeit geben, den Gläubiger im Wege der Konstruktion „Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ in das Vertragsverhältnis zwischen den Banken, dh. Gläubigerbank und Schuldnerbank, einzubeziehen. Das hat der BGH am 28.02.1977 auch tatsächlich so entschieden, wie der Beleg „BGHZ 69, 82“ zeigt. Dabei hat aber nicht der Girovertrag zwischen Schuldner und Schuldnerbank (so Lange), sondern das zwischen den beteiligten Banken bestehende Rechtsverhältnis Schutzwirkung zugunsten des Dritten.

Aber sieht der BGH das immer noch so?

Weiterlesen

Trierer Weinversteigerung: Gedankenspiel eines Professors?

Am Trierer Weinversteigerungs-Fall führt im Jura-Studium kein Weg vorbei. Dazu gibt es einen unterhaltsamen und lehrreichen Film von Tele-Jura. Unter dem Video heißt es:

Ein juristischer Klassiker, obwohl nur das Gedankenspiel eines Professors und nie von einem Gericht entschieden: Im Mittelpunkt steht das sog. Erklärungsbewusstsein.

Doch stammt der Fall wirklich von einem Professor?

Weiterlesen