Archiv für Arbeitsrecht

Wenn ein Amtsgericht Arbeitsrecht prüft …

Im Urteil des AG Tiergarten, 03.02.2016,  (342 OWi) 3022 Js-OWi 12912/15 (490/15) heißt es unter Randnummer 7:

Der Betrieb des Betroffenen verfügt ausweislich seines eigenen Vortrags über sechs Mitarbeiter und unterliegt damit gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes der sog. Sozialklausel.

Der betriebliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll also nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG eröffnet sein, weil in dem Betrieb des Betroffenen mehr als sechs Mitarbeiter beschäftigt sind.

Kann das so seine Richtigkeit haben?

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Die Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen: Ein klausurenpraktischer Tipp

In dem Aufsatz von Alexander Stöhr und Torben Illner in der JuS 2015, 299ff ist mir zusätzlich zu meinem Beitrag bezüglich des „Blue-pencil-Tests“ eine weitere Ergänzung aufgefallen, die man vornehmen könnte.

Auf Seite 299 schreiben die Autoren:

II. Historische Entwicklung

Während die Notwendigkeit einer arbeitsvertraglichen Inhaltskontrolle inzwischen weitgehend anerkannt ist, unterlag der Maßstab einem mehrfachen Wandel und ist auch heute noch umstritten. Seit einer Entscheidung des BGH im Jahr 1956 orientierte sich die Rechtsprechung am Maßstab von Treu und Glauben iSv § 242. Das 1977 vom Gesetzgeber eingeführte AGBG als spezialgesetzliche Inhaltskontrolle von Verträgen schied auf Grund der Bereichsausnahme des § 23 I AGBG als Maßstab für eine Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen aus.

Wir lernen hier also, dass das frühere AGBG in § 23 eine Bereichsausnahme für Arbeitsverträge enthielt. Werfen wir einen Blick in die Norm:

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BAG locutum – causa finita?

Heute möchte ich die Klausur „(Original-)Referendarexamensklausur – Zivilrecht: Allgemeines Schuldrecht und Arbeitsrecht – Außendienst“ von Stephan Pötters aus dem JuS-Probeexamen 2015 (S. 15ff) betrachten.

Auf Seite 19 beschäftigt sich der Autor mit dem Anschlussverbot, das in § 14 II 2 TzBfG wie folgt geregelt ist:

Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Er untersucht anhand des Wortlauts „bereits zuvor“, wie das Anschlussverbot zu verstehen ist. Dazu schreibt er:

Der Wortlaut der Vorschrift („bereits zuvor“) spricht klar dafür, auch in einem solchen Fall von einer unzulässigen „Zuvor-Beschäftigung“ auszugehen. Das BAG ging daher in seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass jedes irgendwann in der Vergangenheit liegende Arbeitsverhältnis zur Unzulässigkeit der Befristung nach § 14 II 2 TzBfG führt.

Der Autor erklärt also, dass der Wortlaut der Vorschrift klar sei. Er referiert insofern nicht eine fremde Ansicht, sondern formuliert im Indikativ die eigene Ansicht, dass der Wortlaut keinen Raum für eine andere Interpretation lasse.

Im nächsten Absatz lesen wir dann:

Diese Ansicht wurde in der Literatur zu Recht kritisiert und vom BAG mittlerweile aufgegeben. Der Wortlaut ist offen für unterschiedliche Deutungen.

Passt das zusammen?

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Kündigung eines Arbeitsvertrages durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer

ApfelHeute habe ich ein Video von „BodyLaw – Jura für jedermann“ zu dem Thema „Kündigung Arbeitsvertrag – Arbeitnehmer / Arbeitgeber – Fristen – Beendigung Arbeitsverhältnis“ betrachtet. Ein sympathischer freier Vortrag, angenehm zuzuhören. Und es ist ja auch richtig schwierig, juristische Themen „so einfach wie möglich“ (Kanalinfo) darzustellen. Aber, wie Einstein gesagt haben soll, „Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.“ Darum im Folgenden ein paar ergänzende Hinweise zu dem Video.

Eine außerordentliche Kündigung ist eine fristlose, das heißt wirklich ohne Frist von heut auf morgen greift die Kündigung und man muss nicht mehr zur Arbeit gehen, […]. (Video)

Es mag sein, dass eine außerordentliche Kündigung in der Regel fristlos erfolgt. Jedoch kann eine außerordentliche Kündigung auch mit Auslauffrist ausgesprochen werden, ohne dass daraus dann eine ordentliche Kündigung würde. So lesen wir bei Linck in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 2012, § 622 Rn. 27:

Eine solche außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist liegt nur vor, wenn der Kündigende hinreichend deutlich macht, dass trotz der Einräumung einer Frist eine außerordentliche Kündigung erklärt sein soll.

Weiter geht es mit dem Thema der Kündigungsfrist bei einer ordentlichen Kündigung.

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Parteifähigkeit im Arbeitsgerichtsverfahren

In der Klausurlösung A 1017 des Klausurenkurses von Alpmann-Schmidt heißt es auf Seite 2:

Die Parteifähigkeit bestimmt sich im Arbeitsgerichtsverfahren nach § 10 ArbGG i.V.m. § 50 ZPO.

Ein Blick in beide Normen:

§ 10 ArbGG: Parteifähigkeit

Parteifähig im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind auch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände; […]

§ 50 ZPO: Parteifähigkeit

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

[…]

In beiden Normen wird die Parteifähigkeit geregelt, aber warum § 10 ArbGG iVm § 50 ZPO?

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