Archiv für November 2014

Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags – noch da?

Im Beschluss des BGH vom 02.07.2014 – 5 StR 182/14 heißt es:

Ob die Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170; 130, 1), nach der normative Gesichtspunkte bei der Bewertung von Schäden zwar eine Rolle spielen, die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen dürfen (vgl. schon BGH, Beschluss vom 28.6.1983 – 1 StR 576/82, BGHSt 32, 22, 23), in Teilen einer Korrektur bedarf, muss auch hier weiterhin nicht entschieden werden (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 19.2.2014 – 5 StR 510/13, NStZ 2014, 318).

Diese Zweifel des BGH sind aber nicht neu. So hieß es bereits im Beschluss des BGH vom 19.02.2014 – 5 StR 510/13:

Inwieweit diese Grundsätze [Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags, M.H.] angesichts der neueren Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 126, 170; 130, 1), wonach normative Gesichtspunkte bei der Bewertung von Schäden zwar eine Rolle spielen, die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen dürfen (vgl. schon BGHSt 32, aaO, S. 23 f.), in Teilen einer Korrektur bedarf, muss der Senat hier nicht entscheiden.

Wie geht man damit in einer Klausur um?

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Abofallen im Internet: Alles neu?

In den Ausbildungszeitschriften ist das Thema der Abofallen im Internet aus strafrechtlicher Sicht momentan ein viel diskutiertes Thema:

– Hecker in JuS 2014, S. 1043ff

– Heintschel-Heinegg in JA 2014, S. 790f

– Sommer in RÜ 2014, S. 642ff

– N.N. in RA 2014, S. 492ff

Dabei steht das Urteil des BGH vom 5.3.2014 – 2 StR 616/12 im Vordergrund.

Der Fall, der dem Urteil zugrunde liegt, spielte im Zeitraum von August 2006 bis zum 31.08.2007. Der BGH musste also entscheiden, wie die Strafbarkeit in diesem Zeitraum zu beurteilen war. In der Zwischenzeit gab es aber eine Rechtsänderung, die zu einer anderen Beurteilung des Falles führt. Aus studentischer Sicht ist das besonders wichtig, weil uns wohl eher ein aktueller Fall vorgelegt werden würde.

Am 01.08.2012 ist die sog. Button-Lösung in Kraft getreten. Dazu ein Blick in das BGBl I 2012, 1084:

Button im BGBl

Heute findet sich die Button-Lösung nach einer weiteren Reform nicht mehr im § 312g Abs. 3 BGB, sondern im § 312j Abs. 3 BGB (BGBl I 2013, 3642 (3647)).

Leider gehen aber sowohl Hecker als auch Heintschel-Heinegg nicht auf die Button-Lösung ein, sondern lösen den Fall wie der BGH nach altem Recht.

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Achtung bei der „herrschenden Meinung“

In der RÜ 9/2014 beschäftigt sich Gründer auf den Seiten 597ff mit dem Abschleppen verbotswidrig an einem Taxenstand parkender Fahrzeuge.

(Vgl. dazu auch „Verhaltensstörer und/oder Zustandsstörer?„.)

Dazu heißt es auf Seite 598:

Die eingeleitete Maßnahme ist auch begrifflich als Ersatzvornahme i.S.v. § 10 VwVG einzuordnen, weil es sich bei der Verpflichtung, den Bus aus der Halteverbotszone zu entfernen, um eine vertretbare Handlung handelt. Dass K den Bus dazu nicht abgeschleppt, sondern einfach weggefahren hätte, steht der Annahme einer Ersatzvornahme nicht entgegen. Nach überwiegender Auffassung ist es nicht erforderlich, dass die Behörde die geschuldete Handlung genauso ausführen lässt, wie dies auch der Pflichtige (vermutlich) getan hätte (keine Ausführungsidentität). Ausreichend ist vielmehr, dass die behördlich veranlasste Maßnahme – wie hier – den geschuldeten Erfolg unmittelbar herbeigeführt hat (Erfolgsidentität).

Hier erfolgt also eine Abgrenzung zwischen Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang (ohne dass dieser Begriff fällt). Zudem wird behauptet, dass die überwiegende Auffassung keine Ausführungsidentität fordert.

Zur Klärung ein Blick in die JuS 2012, 272ff. Hier schreibt Muckel:

Das Entfernen des Fahrzeugs, zB aus dem Halteverbot, ist einerseits eine vertretbare Handlung, andererseits wirkt die Behörde – idR mit Hilfe eines Abschleppunternehmers – körperlich auf das Auto ein. Nach der wohl noch hM ist ein solcher Vorgang aber nur dann als Ersatzvornahme zu werten, wenn nicht nur der Erfolg, sondern auch die Art und Weise der Zwangsanwendung mit der dem Pflichtigen obliegenden Handlung identisch ist. Seien geforderte Handlung und behördliche Maßnahme nicht identisch, könne es sich nur um unmittelbaren Zwang handeln. Diese „Identitätstheorie“ führt dazu, dass eine Ersatzvornahme häufig ausscheidet.

Nach Muckel fordert die herrschende Meinung eine Ausführungsidentität. Was nun wirklich die herrschende Meinung ist wird sich nur schwer feststellen lassen. Aber darum geht es auch gar nicht.

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Mit „wenn“ oder „soweit“ im Obersatz arbeiten?

„Die Klage/Verfassungsbeschwerde/… hat Erfolg, … .“ So beginnen viele Klausuren. Aber wie geht es jetzt weiter?

Vorgeschlagen wird:

– Die Klage hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

– Die Klage hat Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie begründet ist.

– Die Klage hat Erfolg, soweit sie zulässig und begründet ist.

Man könnte meinen, dass die Formulierungen vergleichbar und daher gleich gut zu vertreten sind.

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Verhaltensstörer und/oder Zustandsstörer?

In der RÜ 9/2014 bespricht Gründer (S. 597ff) eine Fallkonstellation, in der ein Bus an einem Taxenstand geparkt wurde und daraufhin abgeschleppt werden sollte. Der Beitrag beruht auf BVerwG, Urt. v. 09.04.2014 – 3 C 5.13.

Auf Seite 602 heißt es:

Die Kostenpflicht des K ist Folge seiner Zustandsverantwortlichkeit.

Um festzustellen, ob K tauglicher Adressat eines Kostenbescheides ist, muss untersucht werden, in welchem Verhältnis K zu dem Bus stand. Dazu ein Blick in den Sachverhalt:

Am 02.07., einem Samstag, um 19.30 Uhr stellte X, ein für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständiger Mitarbeiter der Stadt F, fest, dass ein Reisebus des K auf einem mit dem Zeichen 229 zu § 41 StVO ausgeschilderten Taxenstand in der belebten Stadtmitte von F abgestellt war. Der Fahrer war weder im Fahrzeug noch in dessen Umgebung anzutreffen. Ein Versuch des X, den K über die am Reisebus angebrachte Mobilfunknummer zu erreichen, blieb erfolglos, weil das Handy ausgeschaltet war.

Es geht also um den „Reisebus des K“. Nur, was ist damit gemeint? Ist K Eigentümer des Busses? Ist er Halter? Vielleicht kommt es darauf aber auch gar nicht zwingend an.

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