Archiv für November 2014

Vorwegnahme der Hauptsache?

In der Septemberausgabe der RÜ 2014 werden von Hansen (S. 586ff) und Wüstenbecker (591ff) zwei Urteile besprochen, die sich in prozessualer Hinsicht mit dem § 123 I VwGO beschäftigen. Dabei wird u.a. das Problem der Vorwegnahme der Hauptsache erörtert.

Für eilige Leser das Ergebnis vorab: Vorwegnahme der Hauptsache hin oder her – das Ganze ist kontrovers, wenn´s um die „vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache“ geht. Was zählt, ist die Argumentation. Und dazu nun, für die, die es mögen, der Versuch einer notwendigen RÜ-Ergänzung und Vertiefung.

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Teilung von Grundstücken

Immer dann, wenn in der JuS Landesrecht besprochen wird und man es mit Urteilen zu tun hat, die älteres Landesrecht anwenden, ist es nicht ganz einfach, die Normen nachzuschlagen. Das zeigt sich auch in dem Fall zur Teilung von Grundstücken, den Isabel Schübel-Pfister in der JuS 11/2014 (S. 993ff) bespricht.

Dort schreibt die Autorin auf Seite 993:

Nach dem vom OVG ins Feld geführten § 8 III ThürBO hat die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis darüber auszustellen, dass die Teilung des Grundstücks den Anforderungen des § 8 I und II ThürBO entspricht.

Also ein Blick in § 8 ThürBO, dessen Überschrift wie folgt lautet:

Nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke, Kinderspielplätze

(1) […]

(2) […]

Schon die Überschrift passt nicht und einen Absatz 3 hat die Norm auch nicht. Da hilft nur noch ein Blick ins Gesetzblatt, hier GVBl Thüringen 2014, 49, um den Sachverhalt aufzuklären:

Die aktuelle Bauordnung in Thüringen stammt also vom 13.03.2014. Nach § 93 ThürBO, tritt das Gesetz am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Die Verkündung erfolgte am 28.03.2014, sodass die neue ThürBO ab dem 29.03.2014 anzuwenden ist.

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Probleme bei/mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage

Für diesen Text bitte ich um etwas Geduld bei der Lektüre, aus der man hoffentlich in Examensnähe Honig saugen kann. Die Länge erklärt sich auch daraus, dass der betroffene Artikel viele Anknüpfungspunkte für Diskussionen enthält und so gewissermaßen zu Fortsetzungsfeststellungen einlädt. Eine Aufspaltung in mehrere Beiträge halte ich vorliegend nicht für zielführend, weil die einzelnen Problemstellungen auch in Examensklausuren auf einmal auftreten, sodass eine getrennte Betrachtungsweise meiner Meinung nach nicht angezeigt scheint.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist immer wieder ein Klausurklassiker und wird daher  in regelmäßigen Abständen in der JuS behandelt. Auch eine Klausur in der saarländischen staatlichen Pflichfachprüfung vom August diesen Jahres war auf dieses Thema zugeschnitten.

In der JuS 11/2014 beschäftigen sich die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Michael Riegner und Jasmin Schnitzer auf den Seiten 1003ff mit einer einschlägigen Problemkonstellation.

Zunächst wird der Frage nachgegangen, was die statthafte Klageart ist, wenn sich ein Verwaltungsakt vor Klageerhebung erledigt hat. Dazu heißt es auf Seite 1005:

Gemäß § 113 I 4 VwGO ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft, wenn sich der VA nach Klageerhebung erledigt hat. Die Erledigung trat allerdings vor Klageerhebung ein, so dass allenfalls eine analoge Anwendung von § 113 I 4 VwGO denkbar ist. Die dafür erforderliche Regelungslücke könnte fehlen, wenn die allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 VwGO einschlägig ist. Gegen die Geltung der Feststellungklage für die Erledigung des VA vor Klageerhebung spricht jedoch, dass die Anfechtungs- und die Fortsetzungsfeststellungklage strengeren Zulässigkeitsvoraussetzungen unterliegen, die durch die Feststellungsklage umgangen würden. Es widerspräche dem Rechtsschutzgedanken des Art. 19 IV GG, wenn der zufällige Zeitpunkt der Erledigung unterschiedliche Zulässigkeitsvoraussetzungen bedingen würde. Folglich besteht eine Regelungslücke, so dass die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 I 4 VwGO statthaft ist.

Es wird also geprüft, ob § 113 I 4 VwGO bei der Erledigung eines Verwaltungsaktes vor Klageerhebung analog angewendet werden kann. Abhängig gemacht wird das in dem Zitat nur vom Vorhandensein einer Regelungslücke. Eine Analogie setzt aber mehr als nur eine Regelungslücke voraus.

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Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten

In der JuS 2014 (S. 987ff) schreibt Weber über die straßenverkehrsrechtliche Klausur im Zweiten Juristischen Staatsexamen. Es handelt sich auch aus studentischer Sicht um einen sehr interessanten Aufsatz, der sich mit Problemkonstellationen beschäftigt, die schon im ersten Examen relevant werden können.

Auf S. 989 heißt es:

„Eine Haftungsbeschränkung auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, §§ 1164, 1359, 708 BGB kommt dagegen nicht in Betracht. Der öffentliche Straßenverkehr lässt seiner Natur nach keinen Spielraum für individuelle Sorglosigkeit.“

Wir merken uns den schönen Satz (gut geeignet für Klausuren): „Der öffentliche Straßenverkehr lässt seiner Natur nach keinen Spielraum für individuelle Sorglosigkeit.“

Aber § 1164 BGB (Übergang der Hypothek auf den Schuldner) als Beispiel für eigenübliche Sorgfalt (für die Lateiner: „diligentia quam in suis“)?

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Normverwechslung?

Im Novemberheft der JuS 2014 beschäftigt sich Harks auf den S. 979ff mit dem Fragerecht der Abgeordneten. Er erklärt, dass dieses Fragerecht in der Geschäftsordnung des Bundestages näher ausgestaltet ist. Im Studium werden wir immer ermahnt, dass jeder zitierte Paragraph nachgeschlagen werden muss. So habe ich das dann auch bei diesem Aufsatz praktiziert und stolperte auf S. 980 über:

Fragen einzelner Mitglieder des Bundestages (§ 106 I GOBT)

In meiner Gesetzessammlung heißt § 106 GOBT aber:

Aktuelle Stunde und Befragung der Bundesregierung

Aber – so lernen wir auch – man soll sich zusätzlich die Paragraphen rund um die zitierte Norm anschauen.

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