Archiv für Zivilprozessrecht

„DAS tun beim Mahnbescheid“? – Teil 1

In der Bild-Zeitung wird in einem Beitrag vom 16.01.2024 mit dem Titel „Inkasso-Unternehmer erklärt: DAS tun beim Mahnbescheid – Welchen Schritt Sie sich sehr gut überlegen sollten“ was man tun sollte, falls man einen Mahnbescheid im Briefkasten vorfindet. Richtig ist, dass dann „allergrößter Handlungsbedarf“ besteht. Sinnvoll ist auch die Empfehlung, umgehend zu bezahlen, sollte man die Forderung für berechtigt halten. Denn ansonsten könne sich die „Situation weiter zum Urteil“ verschärfen. Diese Formulierung ließe sich in einer mündlichen Prüfung zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, was passieren kann, wenn man trotz berechtigter Forderung auf einen Mahnbescheid hin nicht zahlt.

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Verhältnis der Immobiliarvollstreckung zur Mobiliarvollstreckung

Mit Blick auf das Verhältnis der Immobiliarvollstreckung zur Mobiliarvollstreckung spielt § 865 ZPO in zahlreichen Klausuren eine Rolle. § 865 Abs. 1 ZPO verweist wie folgt auf den Haftungsverband der Hypothek:

Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen umfasst auch die Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek, bei Schiffen oder Schiffsbauwerken die Schiffshypothek erstreckt.

Damit ist von § 865 Abs. 1 ZPO in das BGB zu „springen“, nämlich in §§ 1120 ff. BGB. Maßgeblich ist in einem ersten Schritt § 1120 BGB:

Die Hypothek erstreckt sich auf die von dem Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, soweit sie nicht mit der Trennung nach den §§ 954 bis 957 in das Eigentum eines anderen als des Eigentümers oder des Eigenbesitzers des Grundstücks gelangt sind, sowie auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme der Zubehörstücke, welche nicht in das Eigentum des Eigentümers des Grundstücks gelangt sind.

Hier erfahren wir, was zum Haftungsverband der Hypothek gehört. Wenn wir an dieser Stelle zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Sache zum Haftungsverband der Hypothek gehört, gilt es in einem nächsten Schritt zu klären, ob eine Enthaftung eingetreten ist (§§ 1121 f. BGB).

Diese Prüfungsschritte lassen sich gut nachvollziehen. Die Schwierigkeit, die in Klausuren immer wieder auftaucht, befindet sich auf einer vorgelagerten Ebene.

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Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss auf Kopfgeldjagd?

Ich bin auf einen Artikel mit dem Titel „Michael Wendler: Aus & vorbei! Sein Glück liegt in Scherben“ aufmerksam gemacht worden. Dort heißt es u.a.:

„Michael Wendler: Vollstreckungsbescheid

Zum Song „Oh Happy Day“ hält Reiseunternehmer Timo Berger in einem Instagram-Video zufrieden ein weißes Blatt Papier in die Kamera. Zu lesen ist darauf nichts, allerdings lassen sich mehrere blaue Stempel erkennen. „Hier ist das gute Stück“, beginnt Berger seine Siegesansprache.

In den Händen hält er einen Vollstreckungsbescheid vom Landgericht Hamburg. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss verpflichtet Schlagersänger Michael Wendler zur Zahlung von etwas mehr als 2.000 Euro verauslagten Gerichtskosten. Das klingt nach wenig, wenn man bedenkt, dass Berger ursprünglich 30.000 Euro vom Wendler verlangt hat.“

https://mvp-web.de/?p=22838

Die Bild-Zeitung dramatisierte die Lage weiter:

„Laut des Vollstreckungsbescheids kann Berger nun Verfahrenskosten in Höhe von 2036,28 Euro auch in den USA von Wendler geltend machen und einen Gerichtsvollzieher oder sogar Kopfgeldjäger dort beauftragen.“

https://www.bild.de/bild-plus/unterhaltung/leute/leute/michael-wendler-vollstreckungsbescheid-ihm-droht-das-aus-in-den-usa-79080102.bild.html

Meine Auskunftsperson stellte mir dann folgende Frage: „Ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss ein Vollstreckungsbescheid?“ Was lässt sich dazu sagen?

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Wird in § 234 Abs. 2 ZPO die Morgenstunde angesprochen?

Fristberechnungen sind in Klausuren ein beliebtes Thema. Darum soll es heute gehen. Betrachten wir folgendes Zitat:

Beginnt die Frist mit dem Tagesanfang (zB § 234 II ZPO), so wird der Anfangstag mitgerechnet (§ 187 II BGB).

Kaiser/Kaiser/Kaiser, Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen, Bd. 1, 9. Aufl. 2021, S. 201 (Hervorhebung im Original)

Lässt sich das tatsächlich § 234 Abs. 2 ZPO entnehmen?

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Abschriften im elektronischen Rechtsverkehr

Heute soll es um ein Thema aus der anwaltlichen Praxis gehen, das allerdings mit Hilfe einfacher Gesetzeslektüre zu lösen ist und deshalb auch schon für das Studium bzw. das Referendariat von Interesse sein kann. Nach § 130d ZPO ist die Anwaltschaft seit dem 01.01.2022 grundsätzlich verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat nun am 31.01.2022 folgendes Schreiben an einen Rechtsanwalt verschickt:

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

in dem Rechtsstreit

[…]

erhalten Sie anliegendes Schriftstück mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Bitte reichen Sie alle schriftlichen Eingaben in der erforderlichen Anzahl an Abschriften gem. § 133 Abs. 1 ZPO ein.

Und das führt natürlich zu der Frage: Spielt die Einreichung von Abschriften im elektronischen Rechtsverkehr tatsächlich noch eine Rolle?

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