Marie Brand, der Liebesmord und die Kuppelei: Alte Paragraphen leben beim ZDF länger

Am 22.04.2017 lief im ZDF um 20.15 Uhr der Krimi „Marie Brand und der Liebesmord“. In dem etwas turbulenten Geschehen rund um die Partnervermittlung „Amore Grande“ tauchte mehrfach ein rechtshistorisches Fossil auf: Die Kuppelei als Straftatbestand.

Seinen Anfang nahm das bei Minute 8:25 in einem Dialog zwischen Wenke junior (dem Mitbetreiber und Programmierer von „Amore Grande“) und dem Kommissar Simmel:

Wenke junior: Das ist höhere Mathematik.
Kommissar Simmel: Eher höhere Kuppelei, ne.
Wenke junior: Eine Dienstleistung. Ein dynamisch lernendes System. Unser Kunde muss mitmachen, bewerten, gut oder schlecht, und das Profil passt sich an, die Vorschläge werden besser. 
Na gut, dachte man, eine eher beiläufig saloppe Bemerkung, nichts weiter juristisch Ernstes.
Aber spätestens ab Minute 12:14 ließ sich diese Hypothese nicht mehr aufrechterhalten, wie folgender Dialog beweist:
 
Wenke junior: Es gibt wenige Gewinner und harte Kämpfer in diesem Gewerbe. 
Kommissar Simmel: Gewerbe, was denn, ich mein, Kuppelei ist immer noch´n Straftatbestand, wenn man´s genau nimmt, § 180a StGB, oh und Gewinnmaximierung als ein Motiv, drei Jahre Haft, zack, bumm, bonjour.
(Kommissarin Marie Brand blickt ihn kritisch an) 
Ja was denn, ich mein‘ ja nur.

Da sollte man doch meinen, die Drehbuchverfasser hätten das Strafgesetzbuch konsultiert. Da findet man aber unter § 180a StGB nur „Ausbeutung von Prostituierten“:

(1) Wer gewerbsmäßig einen Betrieb unterhält oder leitet, in dem Personen der Prostitution nachgehen und in dem diese in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
[…]
Irgendwie haben sich die Drehbuch-Verfasser dann in dieses Leitmotiv verliebt, denn es geht mit dem Thema „Kuppelei“ weiter.
 
1:02:33:
Kommissar Simmel: Äh, Frau Brand, äh, Verkuppeln is´ne Straftat.
Kommissarin Marie Brand: Hm, hm.
Kommissar Simmel: Also, wenn man´s genau nimmt.
 
1:27:11:
Kommissarin Marie Brand: Vielleicht gehen Sie danach nochmal in dieses nette kleine Restaurant.
Kommissar Simmel: § 180a StGB, Frau Brand, Kuppelei.
Zeugin Meinert: Kuppelei? (lacht) Sie sind echt witzig.
Um das Ganze zu retten, könnte man zu Gunsten der Drehbuch-Verfasser annehmen, dass sie einfach einen Jux machen wollten („Sie sind echt witzig“), was zu den humoristischen Tönen in dem Krimi passen würde. Aber dazu passt nicht der Verweis auf § 180a StGB.
 
Jedenfalls gibt die Anspielung auf den Straftatbestand der Kuppelei Anlass, der Frage nachzugehen, welchen Inhalt dieser Straftatbestand hatte, der schon längst abgeschafft wurde, nachdem aber im rechtshistorischen Teil von Prüfungen durchaus noch gefragt werden könnte.
 
Die letzte Fassung von § 180 StGB lautete:
(1) Wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch seine Vermittelung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leistet, wird wegen Kuppelei mit Freiheitsstrafe von einem Monate bis zu fünf Jahren bestraft; auch kann zugleich auf Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark sowie auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden.
 
[…]
Mit dem Vierten Gesetz zur Reform des Strafrechts (BGBl I 1973, 1725, 1728) erhielt dann § 180 StGB einen neuen Inhalt, nämlich „Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger“.
 
Fazit: Kuppelei ist Rechtsgeschichte – aber nicht beim ZDF.
 
P.S. Langsam wird da eine richtige Serie draus, die man nennen könnte „Recht in ARD- und ZDF-Krimis“:
 
 
 

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